Peking (dpa) - Dem Debakel beim olympischen Straßenrennen wollen die deutschen Rad-Asse eine Trotzreaktion beim Zeitfahren folgen lassen. Natürlich werden die jetzt alles rauskitzeln», sagte Jochen Dornbusch, Bundestrainer der Frauen-Mannschaft, nach dem Training. «Keiner war zufrieden. Das muss besser werden», meinte Hans-Michael Holczer, Manager des Gerolsteiner-Teams und in Peking Betreuer der Profis. Judith Arndt, Hanka Kupfernagel und Stefan Schumacher haben nach der Pleite auf dem anspruchsvollen Juyongguan-Kurs etwas gutzumachen.
Nur Bert Grabsch, «ich hatte mich etwas zurückgehalten», war mit sich im Reinen und könnte im Kampf gegen die Uhr über 47 Kilometer zur großen Überraschung aus deutscher Sicht werden. «Bert hat sich voll darauf konzentriert und hatte im Straßenrennen im Gegensatz zu Schumacher eine gute Performance», meinte Holczer nach den Trainingsrunden am Montag.
Bei Temperaturen um 24 Grad - für Pekinger Verhältnisse fast arktische Kälte - lief es dabei für den wetterfühligen Schumacher zwei Tage vor dem Rennen wie am Schnürchen. «Bei dem Wetter steigt meine Moral», sagte der zweifache Tour-de-France-Etappengewinner, der der Zeitfahr-Elite in Frankreich keine Chance gelassen hatte. Am Samstag war er an den klimatischen Verhältnissen mit hoher Luftfeuchtigkeit und Temperaturen weit über 30 Grad gescheitert.
Als einziger der deutschen Zeitfahrer ist Schumacher mit einer zusätzlichen Elektro-Schaltung, die ihm in jeder Sitzposition das Wechseln der Gänge erlaubt, ausgestattet. «Das ist eine Entwicklung der Firma Shimano für Gerolsteiner, von der Stefan jetzt profitiert», meinte Holczer, der die Favoritenlast als geschickter Taktiker auf die Zeitfahr-Weltmeister Fabian Cancellara aus der Schweiz und den wieder erstarkten australischen Zeitfahr-Weltmeister Michael Rogers abwälzte.
Der Schweizer Cancellara hat mit Schumacher noch ein Hühnchen zu rupfen. Bei der Tour hatte ihm der 27-jährige Schwabe in beiden Zeitfahren den eingeplanten Sieg weggeschnappt. Der Team-Kollege von Jens Voigt hat sich nach seiner starken Vorstellung im Finale des Straßenrennens, die mit Bronze belohnt wurde, in die Position des Topfavoriten geschoben.
Dornbusch traut auf dem 23,8 Kilometer langen Kurs am Fuß der Chinesischen Mauer Judith Arndt mehr zu als der amtierenden Zeitfahr-Weltmeisterin Hanka Kupfernagel. Eventuell aufkommende Animositäten will der Coach gleich im Keim ersticken und bietet deshalb Kupfernagels Trainer und Lebenspartner Mike Kluge einen Platz im Begleitwagen an: «Das freut die Hanka.» Der frühere Cross-Weltmeister aus dem Schwarzwald ist mit einer Akkreditierung des Luxemburgischen Verbandes in Peking.