Fano (dpa) - Die Gegenwart der Italien-Rundfahrt wirkt strahlend. Düstere Wolken der gar nicht so fernen Vergangenheit sorgen aber immer noch für Unruhe. Zwei Wahrnehmungen prägen den Profiradsport.
Während Gastgeber Italien sich an der rosafarbenen Landesrundfahrt ergötzt und lediglich Auswahltrainer Paolo Bettini angesichts ausländischer Etappensiege mehr Leistungsimpulse von Landsleuten einfordert, taucht Deutschland im Weltradsport vor allem als Transitland und durch die lästigsten Dopingfragesteller auf.
Als schönes Gelände zum Überbrücken - weil mit Autobahnen ohne Tempolimit ausgestattet - schätzte es der Giro-Tross auf der Überfahrt von Dänemark nach Italien. Deutsche Medien wiederum werden in erster Linie als lästige Fragesteller wahrgenommen. Lampres Sportdirektor Roberto Damiani eröffnete ein Gespräch mit: «Heute stellst Du mir aber keine Dopingfrage, oder?». Damianis Befürchtungen kommen nicht von ungefähr.
Nur etwa eine Stunde von der Girostrecke entfernt bereitet Staatsanwalt Antonio Condorelli in Mantua die Anhörungen in einem Dopingverfahren vor, das viele ehemalige Lampre-Fahrer - unter ihnen der aktuelle BMC-Klassikerjäger Alessandro Ballan -, aber auch aktuelle Lampre-Stars wie Damiano Cunego auf der Liste der Angeklagten führt. Die Verhandlung soll im Sommer beginnen und dürfte dann wie ein Spiegel in die Tour de France hineinleuchten.
Zum Giro-Start hatte die niederländische Tageszeitung «Volkskrant» dem früheren Manager des Rennstalls Rabobank Gelegenheit zu einer Generalabrechnung gegeben. Theo de Rooij erzählte da frei von der Leber weg von einer Art «Doping- Supervision», die die Teamärzte bis zum Jahr 2007 vorgenommen hätten. «Wenn man eine Reihe kluger Leute hat, die die richtigen Signale von den Fahrern wahrnehmen, kann man eingreifen und sie steuern», beschrieb er die «medizinische Vorsorge» des Teams.
Die Rabobank-Abordnung beim Giro wollte von einem eigenen Blick in die Vergangenheit aber Abstand nehmen. «Das ist lange her. Wir konzentrieren uns jetzt auf den Giro», sagte der sportliche Leiter Jan Boven der deutschen Presse-Agentur dpa. Er selbst wolle in der Vergangenheit nichts mitbekommen haben, meinte er noch.
Beim Team Katusha ist der jüngste Dopingfall - im April wurde der Sprinter Denis Galimsjanow positiv auf Epo getestet - ins Krankenhaus Jekaterinenburg ausgelagert. Dort wird Galimsjanow an einem Riss in der Nierenrinde behandelt. «Galimsjanow ist aus der Mannschaft gestrichen. Er hat mit Katusha nichts mehr zu tun. Aber ich werde das Gespräch mit ihm suchen, um zu erfahren, wer die Hintermänner waren», erklärte Manager Hans-Michael Holczer.
Immerhin ein Radsportfunktionär sieht noch, dass Doping kein Gespenst aus der Vergangenheit ist, sondern ein ganz realer Begleiter. Etwas mehr pragmatischer Aufräumwille könnte dem Profisegment dieses Sports auch wieder mehr Spielräume in Deutschland verschaffen. Nicht wissen wollen - wie in den Fällen Lampre und Rabobank - sind da sicher die falschen Signale.