Hamburg (dpa/rad-net) - Caleb Ewan hat den Heimsieg eines deutschen Radprofis bei den EuroEyes Cyclassics in Hamburg knapp verhindert.
Ein Jahr nach dem Erfolg von André Greipel trug sich der Australier nach 217,7 Kilometern überraschend in die Siegerliste des einzigen deutschen WorldTour-Rennens ein und kam vor John Degenkolb ins Ziel. Allerdings war eine Jury-Entscheidung nötig. Der eigentlich schnellste, aber unsauber sprintende Franzose Nacer Bouhanni wurde zurückversetzt.
Bouhanni, der sich vor der Tour de France bei einer Schlägerei die Hand verletzt hatte und deshalb beim Saisonhöhepunkt in seinem Heimatland nicht starten konnte, hatte eine «Welle» gefahren und Ewan dabei deutlich behindert.
Degenkolb, 2013 in Hamburg Sieger, hat sich mit einem starken Rennen erfolgreich zurückgemeldet. Der Klassikerjäger, der im Januar folgenschwer gestürzt war, bewies nach seinem Sieg auf der Final-Etappe des Artic-Race in Norwegen am vergangenen Sonntag, dass er wieder auf altem Leistungsniveau angekommen ist. Greipel, der nach der Tour de France eine kurze Pause eingelegt hatte, schaffte es nicht, seinen Vorjahreserfolg in der Hansestadt zu wiederholen. Er fuhr auf Rang zehn.
Bis wenige Kilometer vor dem Ziel hatte eine sechs Fahrer starke Ausreißergruppe das Rennen, das vier Mal über den bis zu 15 Prozent steilen Waseberg führte, bestimmt. Sie hatten unmittelbar nach dem Start erfolgreich attackiert. Am Schluss waren es noch vier der Ausreißer, die gegenhielten. Das Feld mit den Sprintern an der Spitze stellte die letzten Ausreißer erst etwa 400 Meter vor dem Zielstrich. Kurz danach ereignete sich noch ein Sturz, der den Ausgang des Rennens beeinflusste.
Die deutschen Teams waren in der finalen Phase des Rennens sehr aktiv und wollten in ihrem Heimrennen alles versuchen. Etwa 40 Kilometer vor dem Ziel war Christian Mager vom Team Stölting der Erste, der versuchte, zur Spitzengruppe aufzuschließen. Nachdem dieser gestellt wurde, attackierten Paul Voss vom Team Bora-Argon18 und Magers Teamkollege Fabian Wegmann, doch auch ihr Vortoß wurde von den Sprinterteams neutralisiert. Bei der letzten Waseberg-Überfahrt wagten Ex-Weltmeister Rui Alberto Costa (Lampre-Merida) und Tony Gallopin (Lotto-Soudal) noch einen Versuch, die Spitze zu erreichen - vergebens. Erst auf den letzten Metern gelang es den Sprintern schließlich die Ausreißer zu stellen.
Udo Sprenger, der Vize-Präsident des Bundes Deutscher Radfahrer (BDR), hatte schon vor dem Rennen klargemacht, das er den Ausgang noch nicht als Fingerzeig für die Straßen-WM gewertet wissen will. Über die Kapitänsrolle im deutschen Team bei der Straßen-WM am 16. Oktober in Katar soll zwischen Greipel und Kittel - beide gewannen bei der Tour de France je eine Etappe - «bis Ende des Monats» entschieden werden.
«In einem Gespräch mit mir haben sowohl Kittel als auch Greipel ihre Ansprüche auf die Kapitänsrolle angemeldet. Neben der Zusammensetzung der Mannschaft werden wir nach einem Treffen mit unserem Sportdirektor und den beiden Teamchefs der infrage kommenden Profis auch darüber entscheiden», erklärte Sprenger. Es werde nur einen Kapitän geben, meinte der Funktionär.
Das deutsche Team, das noch darauf hofft, neun anstatt sechs Fahrer an den WM-Start zu bringen, gilt als hoch favorisiert. Zuletzt hatte Deutschland 1966 in dem im Juni verstorbenen Rudi Altig einen Profi-Weltmeister im Straßenradsport gestellt.
Der Weltverband UCI hatte vor dem Rennen die Räder aller 176 Starter auf unerlaubte mechanische Antriebe untersucht. Er wurde nicht fündig.