Hoogerheide (rad-net) - An Selbstbewusstsein mangelt es nicht: Sowohl Hanka Kupfernagel als auch Philipp Walsleben wollen es am Wochenende bei den Weltmeisterschaften im Cross im niederländischen Hoogerheide wissen. Sowohl bei den Frauen als auch in der U23 starten die Aktiven des Bund Deutscher Radfahrer (BDR) damit in der Favoritenrolle. «Mein Timing scheint zu passen, ich fühle mich körperlich topfit», kündigt Kupfernagel an, dass mit ihr zu rechnen ist. «Zuletzt drei zweite Plätze, das genügt nun wirklich. Jetzt will ich wieder einen Platz ganz vorn, am liebsten gleich Sonntag», so die Itera-Stevens-Fahrerin. «Als Titelverteidigerin und Weltcupsiegerin kann nur Platz eins mein Ziel sein. Dafür habe ich mich in den letzten Wochen gequält. Ich kann mich doch nicht hinstellen und sagen: Ich will nur vorne mit
dabei sein.»
Allerdings erwartet Kupfernagel beim Kampf um den Titel durchaus Gegenwehr. «Ich bin nicht die Einzige, mit großen Ambitionen. Meine Konkurrentinnen werden ähnlich denken». Zur ersten Reihe der weiteren Titelkandidatinnen gehören nach Kupfernagels Ansicht Katie Compton aus den USA, die Französinnen Maryline Salvetat und Christel Ferrier-Bruneau, Pavla Havlíková aus Tschechien, Helen Wyman aus Großbritannien und natürlich die Niederländerinnen Daphny van den Brand und Marianne Vos, die Heimvorteil haben. Auf besondere Unterstützung kann Kupfernagel am Sonntag in den Niederlanden auch durch die Familie bauen. «Meine Eltern. Sie reisen extra aus Thüringen an.»
Für Walsleben, seit diesem Jahr im Team BKCP-Powerplus unterwegs, geht es in Hoogerheide ebenfalls eigentlich nur um den Titel. «Ich habe in dieser Saison nur drei Rennen in der U23-Klasse verloren. Alle wichtigen Rennen wie die Europameisterschaft und alle vier Weltcups, habe ich gewonnen», so Walsleben. Außerdem führt er in den beiden wichtigsten belgischen Rennserien und wurde in Strullendorf Deutscher Meister der Elite. «Nach der Papierform spricht nichts dagegen, dass ich Weltmeister werde», sagt der Brandenburger. «Aber Meisterschaften haben ihre eigenen Gesetze. Und in einem Cross-Rennen, auch wenn es nur 50 Minuten dauert, kann viel passieren.»
Das musste Walsleben zuletzt am vergangenen Wochenende feststellen. Bei einem Rennen im belgischen Zonnebeke verhakte er sich mit seinem Rad nach einem Sturz seines Vordermannes in dessen Schalt- und Bremskabeln und verlor so schon früh wertvolle Zeit. Das soll Samstag anders sein. Der Untergrund wird dem Wahlbelgier dabei wohl entgegenkommen: Seit Tagen hat es im Benelux nicht mehr geregnet, für die kommenden Tage ist sogar Sonne bei Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt vorhergesagt. «Das ist natürlich perfekt für mich», sagt Walsleben. «Und die Strecke mit ihren anspruchsvollen Anstiegen kommt mir auch sicher entgegen.»
Größere Kopfzerbrechen als die körperliche Form macht dem 21-jährigen Deutschen die mentale Einstellung. «Ich habe in dieser Saison bislang alles erreicht, was ich wollte. Ich könnte mich damit zufrieden geben. Aber ich will auch hier zeigen, dass ich der Beste bin. Ich möchte der erste Mann in Deutschland seit Mike Kluge 1992 in Leeds sein, der sich das weiße Regenbogentrikot überstreifen darf», so Walsleben. Dieser Wunsch erzeugt Druck: «Ich muss häufig an das Rennen denken, natürlich vor allem im Training. Und vor dem Einschlafen - das macht echt keinen Spaß, auch wenn
ich mir vorstelle, wie es sein könnte, wenn ich Weltmeister werde.»
Auch den anderen U23-Fahrern ist aber eine Überraschung mit einer Platzierung in den Top-Ten zuzutrauen. Der BDR hat Sascha Weber (FC Rheinland-Pfalz Flonheim), Christoph Pfingsten (Berliner TSC), Marcel Meisen (Team Kuota-Indeland) und Ole Quast (Stevens Cyclocross Team Hamburg) nominiert. «In dieser Klasse sind wir so gut aufgestellt wie noch nie», so Bundestrainer Patrick Moster. Über die eigenen Ambitionen setzen die «Espoirs» aber den Titel von Philipp Walsleben. «Zuerst versuche ich natürlich, Philipp zu helfen, wenn ich kann. Dann sehen wir weiter», so Marcel Meisen.
Insgesamt entsendet der BDR 15 Fahrer in die Niederlande. In der Elite gehen mit Milram-Profi Paul Voß und René Birkenfeld vom Stevens Cyclocross Team Hamburg nur zwei deutsche Fahrer ins Rennen. Hier wäre ein Platz unter den Top-20 nach Ansicht von Patrick Moster schon ein großer Erfolg. Als Favoriten gehen Weltcup-Gesamtsieger Sven Nys aus Belgien, U23-Weltmeister Niels Albert und die einheimischen Crosser um Titelverteidiger Lars Boom und Thijs Al ins Rennen. Außenseiterchancen werden dem Tschechen Zdenek Stybar zugesprochen.
Auch bei den Junioren sind die BDR-Akteure eher Außenseiter. «Bei den Junioren sind wir weit weg von der Weltspitze, da wird es ganz schwer», so Moster. In dieser Saison dominierte der Niederländer Tijmen Eising die Juniorenklasse, oft flankiert von seinem Landsmann Lars van der Haar. Neben diesen beiden dürfte auch der Belgier Sean de Bie, Neffe des belgischen Nationaltrainers Rudy de Bie, berechtigte Titelambitionen haben.
Der Zeitplan der Cross-Weltmeisterschaften von Hoogerheide in der Übersicht:
Freitag, 30. Januar:
14 bis 16 Uhr: Offizielles Training
Samstag, 31. Januar:
11:30 Uhr: Junioren (ca. 40 Minuten)
14:30 Uhr: U23 (ca. 50 Minuten)
Sonntag, 1. Februar:
11:30 Uhr: Frauen (ca. 40 Minuten)
13:00 Uhr: Prominentenrennen
14:30 Uhr: Elite Männer (ca. 60 Minuten)
Das Aufgebot des Bund Deutscher Radfahrer in der Übersicht:
Frauen:
Hanka Kupfernagel (Denzlingen/Itera-Stevens)
Sabrina Schweizer (Wangen/1a-crossteam)
Gesa Brüchmann (Nordheide/Stevens Cyclocross Team Hamburg)
Männer:
René Birkenfeld (Dresden/Stevens Cyclocross Team Hamburg)
Paul Voß (Bielefeld/Team Milram)
Männer U23:
Philipp Walsleben (Kleinmachnow/BKCP-Powerplus)
Sascha Weber (St. Wendel/FC Rheinland-Pfalz Flonheim)
Christoph Pfingsten (Stahnsdorf/Berliner TSC)
Marcel Meisen (Stolberg/Team Kuota-Indeland)
Ole Quast (Hamburg/Stevens Cyclocross Team Hamburg)
Junioren:
Michael Schweizer (Wangen/RU Wangen)
Yannick Mayer (Heilbronn/RSG Heilbronn)
Enno Quast (Hamburg/Stevens Cyclocross Team Hamburg)
Jannick Geisler (Hamburg/Stevens Cyclocross Team Hamburg)
Toni Bretschneider (Zwickau/Stevens Cyclocross Team Hamburg)