Siena (rad-net) - Am vergangenen Wochenende konnte Querfeldein-Weltmeister Wout van Aert (Vérandas Willems-Crelan) bei dem italienischen Klassikerrennen Strade Bianche mit Rang drei mehr als überzeugen. Und am überzeugendsten war dabei vielleicht gar nicht seine Platzierung, sondern die Fahrweise des 23-jährigen Belgiers. Mark Cavendish schrieb nach dem Rennen auf Twitter über Van Aert: «Mein neuer Held».
Man hatte erwartet, dass er als dreifacher Cross-Weltmeister mit dem Rennen über die Schotterstraßen gut zurechtkommen würde, aber so gut war dann doch eine kleine Überraschung. Der Schnee war geschmolzen und der Regen machte die Schotterstraßen zu wahren Matschpisten. «Es war ein sehr hartes Rennen, schnell von Anfang an und die Schotterstrecken war in schlechtem Zustand, eigentlich viel schlechter als ich dachte. Es war teilweise sehr matschig. Für mich war es gut, weil ich mit meinen Fähigkeiten auf den Schotterpisten nach vorne fahren konnte und ich hatte keine Angst im Vergleich zu anderen. Ich hatte einen schönen Tag», so Van Aert.
Van Aert hatte den Mut, zu Romain Bardet (Agr2-La Mondiale) zu springen, als dieser rund 50 Kilometer vor dem Ziel attackierte. Er spürte, dass dies der richtige Zeitpunkt war, ein Risiko einzugehen und seine Grenzen zu testen. «Ich glaube nicht, dass ich etwas zu verlieren hatte. Ich habe die Cross-Saison gefahren und wollte diese Rennen fahren, um so viel wie möglich zu lernen. Manchmal lernst du mehr mit Versuchen und Verlieren, als wenn du es gar nicht probierst. Das war meine Einstellung», erklärte Van Aert nach dem Rennen. Das Duo bestimmte fortan das Geschehen, wenngleich ihnen hinter Tiesj Benoot (Lotto-Soudal) schließlich «nur» die Plätze zwei und drei blieben.
Die Anstrengungen forderten ihren Tribut und im Internet mehrfach veröffentlichte Videos zeigen, wie Wout van Aert an der letzten steilen Rampe hinauf in Richtung Marktplatz von Siena mit Krämpfen zu kämpfen hat. «Ein schlechter Augenblick für Krämpfe in beiden Beinen», scherzte Van Aert später. Er konnte nicht mehr treten, blieb stehen und kippte schließlich mit dem Fahrrad um. Schnell sprang er aber wieder auf, nahm sein Rad in Cross-Manier, rannte ein paar Meter, aber schaffte es aufgrund der Krämpfe nicht sofort wieder aufs Rad zu springen. Dann kam er aber wieder in Tritt und sicherte sich noch den dritten Platz. «Ich war einfach nur glücklich, auf dem Podium zu bleiben», sagte er.
Van Aert hat bereits mehrere Straßenrennen gewonnen, aber seine Leistung bei Strade Bianche hebt seinen Status als Fahrer, sogar im cross-verrückten Belgien. Er ist offenbar nicht nur dreifacher Cross-Weltmeister, sondern scheint auch für den Straßenrennsport die physischen und mentalen Qualitäten zu haben. Den Frühjahrsklassikern in den kommen sieben Wochen dürfte er eine zusätzliche Dimension verleihen. «Ich habe mich selbst überrascht und möchte unbedingt künftig mehr davon zeigen», so Van Aert.
Wout van Aerts Finale bei Strade Bianche