Hamburg (dpa) - Ende des Monats nimmt Jan Ullrich im ersten Trainingslager in Südafrika bereits Kurs auf die Tour de France 2006. «Die Chancen sind groß, aber es gibt keine Garantie auf den Tour- Sieg», sagte der 31-jährige T-Mobile-Kapitän bei einem Hamburg-Abstecher.
Die Rahmenbedingungen für seinen neunten - und vielleicht letzten - Tour-Auftritt scheinen ideal: Der in Frankreich schier unbezwingbare Lance Armstrong ist in Rente, das für T-Mobile in den vergangenen Jahren nie optimal verlaufene Team-Zeitfahren wurde gestrichen («Das hat mich angenehm überrascht») und die schwersten Berg-Passagen stehen in der letzten Woche auf dem Programm. Das Tour-Finale war fast immer Ullrichs stärkste Zeit im Juli.
Seine volle Konzentration gilt dem möglichen zweiten Tour-Sieg seiner Karriere am 23. Juli 2006 in Paris. Über seine sportliche Zukunft will Ullrich erst «danach» entscheiden. Ende 2006 läuft sein Vertrag aus. Gut vorstellbar - egal wie die Tour für ihn endet - dass er zum letzten Mal alle Kraft in den aufwendigen Kampf um das Gelbe Trikot steckt. In jedem Fall dürften sich in gut acht Monaten auf den Champs Elysées mehr Argumente für ein Karriere-Ende finden lassen als für eine Fortsetzung. Zum Warmmachen für die Frankreich-Rundfahrt erwägt Ullrich einen Start beim Giro d'Italia. «Das wäre einer von zwei Wegen der Vorbereitung.» Die Frühjahrs-Klassiker überlässt er wieder Teamkollegen «mit besserer Form zu diesem Zeitpunkt.»
Die Fronten für die am 1. Juli in Straßburg beginnende Tour sind relativ klar: Top-Favorit ist wohl eher als Ullrich oder dessen früherer Team-Kollege Alexander Winokurow diesmal Armstrongs «Kronprinz» Ivan Basso aus Italien. Auch in seinem Team ist es für Ullrich ziemlich übersichtlich geworden. Nach zweijährigem Hickhack und zum Teil kleinlichen Streitereien ist sein Intimus Rudy Pevenage in die Riege der Sportchefs zurückgekehrt, nachdem Ex-Manager Walter Godefroot seinen Ruhestand angetreten hatte. «Wichtige Sachen für eine perfekte Arbeit wurden realisiert. Mit dem neuen Manager Olaf Ludwig ist ein frischer Wind eingekehrt», konstatierte Ullrich, der auch die Ruhe im Team schätzt, «weil es jetzt keine Diskussionen mehr um Zabels Tour-Teilnahme gibt.»
Deutschlands nach Siegen gerechnet erfolgreichster Radprofi Erik Zabel ist im kommenden Jahr an der Seite des Italieners Alessandro Petacchi die Galionsfigur im neuen Milram-Team, das mit dem Branchenführer schon vor dem Saisonstart aneinander gerät. Sowohl Milram in Bremen als auch T-Mobile auf Mallorca präsentieren ihr Team am 14. Januar 2006 der Öffentlichkeit. Die Bonner bieten Journalisten einen Charterflug auf die Balearen-Insel, wo parallel zu Ullrich & Co. auch das neu gegründete T-Mobile-Damen-Team um Ex-Weltmeisterin Judith Arndt vorgestellt wird.
Die Bonner haben für die Zeit nach Ullrich vorgebaut. Mit Patrik Sinkewitz (Fulda) und Linus Gerdemann (Münster) fährt ein Teil der deutschen Radsport-Zukunft bereits in Magenta. Auch der Sponsor signalisiert ein weiteres Engagement über 2008 hinaus. «Das Radsport- Sponsoring ist ein Hab und Gut des Telekom-Konzerns. Dessen sind wir uns bewusst», sagt Franz-Stefan Hornung, Leiter des Sportsponsorings.