Berlin (dpa) - Die absurde Jan-Ullrich-Show geht im Internet weiter - ohne neue Erkenntnisse. Beckmann hat noch nicht gereicht, die neuen Berater inszenierten eine eigene, kleine Talkshow mit dem Ex-Profi auf dessen Homepage.
In einem «Live-Talk» wurde Ullrich von seinem Pressesprecher Michael Lang einvernommen und blieb dabei weiter im Schmollwinkel. Der am 26. Februar vom aktiven Radsport zurückgetretene Wahl-Schweizer, der sich mit seiner Gattin Sara auf dem Weg nach Südafrika befinden soll, sitzt bei der 17:36 Minuten langen Inszenierung in einer holzgetäfelten Bibliothek. Aus dem Off fragt Lang im Auftrag der Fans, ohne dass «verfälschende Medien» (Ullrich) die getreuen Anhänger verwirren könnten: «Ich will hier mal eins zu eins mit den Fans reden».
Lang, früher im Management der American Footballer von Berlin- Thunder, durchforstete die Post der Anhänger und Fan-Foren und spielt auf «www.janullrich.de» den beflissenen Fragesteller. Er hätte die meistgestellten Fragen gesammelt und kündigte an, auch «Kritisches» nicht auszuklammern. Erwartungsgemäß kitzelte aber auch der PR-Profi mit dem fränkischen Zungenschlag nichts Erhellendes in der Doping- Affäre Eufemiano Fuentes aus Ullrich heraus.
Vier Tage nach seinen vielerorts kritisierten Auftritten vor rund 150 Journalisten in Hamburg und danach in der ARD-Talkshow bei Reinhold Beckmann wiederholte der einst gefeierte und hofierte Tour de France-Sieger von 1997 und Olympiasieger von 2000 bekannte Positionen. Da ein «schwieriges» Strafverfahren der Staatsanwaltschaft Bonn laufe, dürfe Ullrich direkt zu den Doping- Anschuldigung auf Anraten seiner Anwälte nichts sagen.
Der Anti-Doping-Kämpfer Werner Franke, Ullrichs Gegner in einem zweiten drohenden Strafrechts-Verfahren, hatte den ehemaligen T- Mobile-Kapitän am Wochenende im Berliner Radionsender «Radio eins» im Hinblick auf die Doping-Affäre einen «Verführten» seiner Berater und Ärzte genannt.
Die Bonner Staatsanwälte erwarten, bei der Vorbereitung einer Anklage durch den DNA-Abgleich mit Ullrichs Speichelprobe und den ihm zugerechneten Blutbeuteln aus dem Besitz des Mediziners Fuentes einen entscheidenden Schritt weiter zu kommen. Wann der Abgleich vorgenommen werden kann, ist noch nicht bekannt. Beschleunigung des Verfahrens versprach immerhin die Freigabe des Blutes durch den obersten spanischen Gerichtshof am 23. Februar.
Bei der Bekanntgabe seines Rücktritts nach elf Profijahren hatte Ullrich berichtet, sieben Profiteams seien trotz des laufenden Verfahrens an seinen Diensten als Fahrer interessiert gewesen. «Astana war nicht dabei», sagte Ullrich in seinem ominösen «Fan-Talk». Das nach der Hauptstadt Kasachstans benannte neue Team, in dem ein Großteil früherer T-Mobile-Angestellter ein neues Betätigungsfeld fand, wird von Alexander Winokurow und Andreas Klöden angeführt. Beides bekennende Ullrich-Freunde, aber auch Kandidaten für einen Tour-Sieg 2007. Deshalb sei Astana als neuer Ullrich- Arbeitgeber nicht in Frage gekommen.