Berlin (dpa) - Den «letzten Schliff» für die Tour de France will sich Jan Ullrich ab 16. Juni bei der Asturien-Rundfahrt in Spanien holen. Davor ist eine Inspektionsreise über die wichtigsten Tour-Pässe geplant.
Diese Marschroute legte der 32- jährige T-Mobile-Kapitän nach seinem vorzeitigen Ausstieg beim Giro d'Italia fest, den er alles in allem als Erfolg wertete. «In den letzten Jahren ist er in der Vorbereitung noch nie so viel harte Anstiege gefahren», sagte sein Mentor Rudy Pevenage.
Für das vorzeitige Aus nach fast dreiwöchigem Italien-Aufenthalt machte der gesundheitlich labile Ullrich, den eine Kniereizung zum verspäteten Saisoneinstieg zwang, Rückenprobleme verantwortlich. Noch vorhandene Schwächen am Berg seien bei seinem Schützling jetzt «in erster Linie eine Frage des Gewichts und der Intensität des Trainings auf diesem Gebiet», meinte Pevenage.
Ullrich wies erneut Unterstellungen zurück, in den spanischen Doping-Skandal um den inzwischen gegen Kaution freigelassenen Mediziner Eufemiano Fuentes verstrickt zu sein. «Ich arbeite seit einigen Jahren mit dem Italiener Luigi Cecchini zusammen. Die Namen, die im Zusammenhang mit der Razzia fielen, sind mir nicht bekannt. Ich finde es eine Frechheit, dass mein Name mit der Sache in Verbindung gebracht wurde. Ich habe nie mit Fuentes zusammengearbeitet und mir nichts vorzuwerfen», erklärte Ullrich auf der Internetseite seines Sponsors. «Ein Skandal braucht große Namen», erklärte der Wahl-Schweizer im ZDF.
«Für mich war es ein sehr guter Giro. Ich habe das Zeitfahren gewonnen, womit ich niemals gerechnet hätte. Und ich bin nicht nur mitgerollt. Die Form ist sprunghaft gestiegen», zog Ullrich seine Giro-Bilanz und erklärte auf seiner Homepage die Gründe des Rückzugs kurz vor dem Ende der drittletzten Etappe am Fuß des San Pellegrino: «Jeden Abend plagten mich Rückenschmerzen. Sie sind eine fast normale Folge der inzwischen überstandenen Reizung im rechten Knie. Die Bein-Muskulatur ist wegen der Verletzung noch etwas zurück. Deshalb trete ich nicht gleichmäßig und sitze minimal schief auf dem Rad.»
Seine Physiotherapeutin Birgit Krohme hätte die Beschwerden immer in den Griff bekommen. In der intensiven vergangenen Woche habe aber die Gefahr bestanden, «dass ich den Bewegungsapparat längerfristig schädige. Den Pellegrino hätte ich gerne noch geschafft, doch nach sieben Stunden im Sattel nahmen die Beschwerden zu. Deshalb entschloss ich mich schweren Herzens auszusteigen. Ich will gesund und in Topform zur Tour», erklärte Ullrich. Die PR-Abteilung seines Teams hatte den Giro-Organisatoren schon am Vormittag die bevorstehende Aufgabe avisiert.
Eigentlich wollte er den Giro schon früher beenden. «Aber das hätte nach dem Schock, als mein Name im Zuge der Doping-Razzia in Spanien fiel, unglücklich ausgesehen. Außerdem hatte ich mich morgens auch ganz gut gefühlt. Im Verlauf der Etappe schmerzte dann aber der Rücken», sagte Ullrich, der dem überragenden Ivan Basso zwar bestechende Form attestierte, aber «nicht glaubt, dass er auch die Tour gewinnt». Die «Konkurrenz, die ihn in Frankreich erwartet, ist deutlich stärker als beim Giro». Ullrich gilt als mutmaßlich härtester Basso-Konkurrent. Pevenage staunte über den Italiener: «So überlegen hätte ich ihn mir nicht vorgestellt.»