Berlin (dpa) - Töchterchen Sarah Maria lässt Jan Ullrich auf Wolke sieben zur Tour de France schweben. «Ich bin der glücklichste Mensch der Welt», erklärte der 29 Jahre alte Rad-Olympiasieger, nachdem er am 1. Juli um exakt 15.08 Uhr erstmals Vater geworden war.
«Ich bin so happy, dass ich bei der Geburt noch dabei sein durfte. Ich könnte auf Wolken tanzen. Ich werde diese Stunden nie vergessen», teilte Ullrich auf seiner Internet-Homepage mit. Lebenspartnerin Gaby Weis brachte das Kind nach einem Kaiserschnitt in der Freiburger Universitäts-Klinik zur Welt.
Ab dem 5. Juli in Paris wird sich zeigen, ob das Familienglück Ullrich nach seiner überwundenen sportlichen und privaten Krise so beseelt, dass er Tour-Favorit Lance Armstrong (USA) möglicherweise doch ernsthaft herausfordern kann. «Sarahs Geburt gibt mir noch mehr Motivation. Jetzt kann ich befreit bei der Tour de France starten», erklärte Ullrich, der den viermaligen Tour-Sieger Armstrong zum Favoriten auf den Gesamtsieg erklärt hat.
Der gebürtige Rostocker hatte extra auf die deutsche Meisterschaft verzichtet, um bei seiner Lebensgefährtin weilen zu können. Die Entscheidung, die Generalprobe vor der Frankreich-Rundfahrt auszulassen, erwies sich als richtig. Bereits am Montagmorgen um 05.30 Uhr platzte Ullrich zufolge bei Gaby Weis die Fruchtblase. Dennoch habe es danach mehrere Stunden gedauert, bis die Wehen einsetzten. Um jegliches Risiko auszuschließen, hätten sich die Ärzte dann zu einem Kaiserschnitt entschlossen.
Mutter und Kind hätten die Geburt gut überstanden und seien wohlauf, erklärte Ullrich weiter. «Zur Sicherheit werden Gaby und Sarah noch sieben Tage im Krankenhaus bleiben.» Der lange in Merdingen im Schwarzwald lebende Radprofi reiste zurück in sein neues Domizil nach Scherzingen. Im Schweizer Ort nahe dem Bodensee wollte der frischgebackene Vater nur noch packen und dann nach Paris fliegen. Dort steht am 5. Juli am Eiffelturm der Prolog der dreiwöchigen Tour de France auf dem Programm.
«Klar, dass meine Gedanken immer bei meinen beiden Frauen sein werden», meinte Ullrich, der selbst keine leichte Kindheit hatte. Da sein Vater, zu dem er keinen Kontakt mehr hat, die Familie früh verließ, übernahm den größten Teil der Erziehung Ullrichs Mutter. Dass sein erstes Kind unehelich zur Welt gekommen ist, nimmt der einzige deutsche Sieger der Tour de France nicht tragisch und ist sich darin mit Gaby Weis einig.
«Wir sehen das beide nicht so eng. So katholisch sind wir nicht», sagte Ullrich der Illustrierten «Bunte». Einen Termin für eine Hochzeit mit der langjährigen Partnerin gebe es noch nicht. «Sie ist der ruhige Pol, ich der Ausgeflipptere», erklärte Ullrich. Zwei Knieoperationen, ein Autounfall unter Alkoholeinfluss, eine Sperre nach einer Drogenaffäre sowie Turbulenzen nach dem Wechsel zum Team Coast hatten ihm seit 2002 überwiegend negative Schlagzeilen beschert, sportlich zeigte sich der einzige deutsche Tour-Sieger in diesem Frühjahr dennoch so stark wie seit langer Zeit nicht mehr.