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26.06.2007 12:42
Tour de France 2007: Rad dreht sich weiter

Berlin (dpa) - Die Tour de France hat ihre Bewährung eigentlich längst verwirkt. Nach dem großen Skandal von 1998 gab es im Vorjahr nach Jahren trügerischer Ruhe sogar noch eine Steigerung auf der Doping-Skala.

Die Topfavoriten Jan Ullrich und Ivan Basso wurden vor dem Start suspendiert, Gesamtsieger Floyd Landis zwei Tage nach Tour- Ende als Doper überführt. Und seit Juni 2006 dauert die Affäre um den spanischen Mediziner Eufemiano Fuentes an, der in Portugal weiter «praktizieren» soll: Dennoch dreht sich das große Rad ab 7. Juli weiter - zum 94. Mal.

Zum ersten Mal in der 104-jährige Tour-Geschichte wird der Vorjahressieger vor dem Start offiziell nicht feststehen, weil das Landis-Urteil noch aussteht. Vermutlich wird der Spanier Oscar Pereiro, der als Zweiter 2006 weiter auf sein nachträglich zu überreichendes Gelbes Trikot wartet, zum 7,9 Kilometer langen Prolog durch die City Londons mit der Startnummer 1 von der Rampe rollen.

Im Vorfeld des Saisonhöhepunktes hat der Weltverband UCI mit gezielten Kontrollen und geforderten Verpflichtungs-Erklärungen der Profis, die bei Doping-Vergehen ein Jahresgehalt riskieren, versucht, den Weg für eine «saubere» Tour zu ebnen. Das letzte Wort haben die Organisatoren, die bis zum Start unerwünschte Fahrer noch ausladen können, um Risiken zu minimieren. Bei neuen Doping-Erschütterungen während der Tour haben ARD und ZDF, die 90 Stunden übertragen wollen und nicht unerheblich zum Tour-Etat beitragen, bereits ihren vorzeitigen Ausstieg angekündigt.

Knapp 14 Tage vor dem Beginn der 94. Tour, die am 29. Juli auf den Pariser Champs Elysées nach 3569,9 Kilometern endet, weist der Stand der im Moment aktuellen Starterliste vier Topfavoriten aus: Alexander Winokurow aus Kasachstan und den Cottbuser Wahlschweizer Andreas Klöden von Astana, den Spanier Alejandro Valverde von Caisse d'Epargne und den Ex-Gerolsteiner Levi Leipheimer (USA) von Discovery Channel. Alle Aspiranten auf das Gelbe Trikot 2007 eint eines: Ein Tour-Sieg wäre für sie ein Novum.

«Wenn nicht jetzt, wann dann?», fragte sich Winokurow, und bereitete sich zum ersten Mal in seiner Karriere ausschließlich auf die Tour vor. Im Frühjahr trat er kürzer als sonst üblich und hinterließ in der Tour-Generalprobe Dauphiné Libéré in den französischen Alpen ein schwer zu deutendes Bild. Der 33-jährige Kasache gewann das Zeitfahren und die Schluss-Etappe, büßte bei den zwei schwersten Bergetappen aber Zeit ein.

Der siebenmalige Tour-Rekordsieger Lance Armstrong, mit dessen erstem Erfolg die «neue Tour» 1999 begann, glaubt nicht an Bluff. «Vor der Dauphiné war Alexander mein großer Favorit. Jetzt habe ich aber Zweifel. Die Tour wird sehr offen», meinte der vor zwei Jahren zurückgetretene Texaner, der sich nach einer zweiten Buchveröffentlichung des Iren David Walsh erneut schweren Doping- Verdächtigungen ausgesetzt sieht. Die sportliche Zäsur nach seiner Siegesserie endete für die Tour 2006 mit dem Desaster namens Landis.

Aus deutscher Sicht stehen neben dem eigenwilligen Klöden, der 2005 Zweiter und im Vorjahr Dritter war und auf den großen Coup wartet, besonders die Tour-Debütanten Stefan Schumacher (Nürtingen) und Linus Gerdemann (Münster) im Fokus. Dazu ist natürlich der zweifache Etappengewinner und Träger des Gelben Trikots, «Oldie» Jens Voigt (35/Berlin), immer für Schlagzeilen gut, genauso wie der Vorjahres-15. Markus Fothen. Der 24-jährige Gerdemann ist dem Status des «ewigen Talents» entwachsen und spekuliert auf das Weiße Trikot des besten Nachwuchsfahrers, das Fothen 2006 am vorletzten Tag abgegeben musste.

Der 25-jährige Schumacher, dessen Stern im Vorjahr mit zwei Etappensiegen beim Giro d'Italia aufging, ist mit seinen Erfolgen beim Amstel Gold Race und der Bayern-Rundfahrt der erfolgreichste deutsche Radprofi 2007. Bei der Tour ist einiges von dem schwäbischen Cleverle zu erwarten, aber er will im Juli mit seinen Kräften Haus halten, weil er im September bei der Stuttgarter WM vor der Haustür heiß auf das Regenbogen-Trikot ist.

«Spitze im Frühjahr, bei der Tour und bei der WM - das geht nicht. Das Gesamtklassement kommt für mich nicht in Frage. Durch einen guten Prolog will ich mir in der ersten Tour-Woche aber die Chance auf das Gelbe Trikot offen halten», sagte Schumacher.


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