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Ein Polizist leistete dem schwer gestürzten Richie Porte Erste Hilfe. Foto:
10.07.2017 16:33
Tour brutal: Viele Knochenbrüche im Peloton

Périgueux (dpa) - Keine 24 Stunden nach seinem Horrorsturz bei der Tour de France konnte Richie Porte schon wieder lachen. Zwar noch ein wenig blass im Gesicht, streckte der Australier aus dem Krankenbett in Chambéry den Daumen bereits wieder nach oben.

«Ich habe noch Schmerzen, aber es geht mir schon besser», sagte Porte am Montag aus dem Krankenbett und betonte: «Ich habe den Crash gesehen, und ich muss sagen, dass ich Glück hatte, mit den Verletzungen davongekommen zu sein.»

Der Horror-Sturz von Porte bei Tempo 80 am Sonntag war der negative Höhepunkt nach einer Reihe von schlimmen Stürzen bei der diesjährigen Frankreich-Rundfahrt. Dass der australische Mitfavorit auf den Gesamtsieg am Montag im Centre Hospitalier Metropole Savoie «nur» mit einem Becken- und einen Schlüsselbeinbruch aufwachte, grenzt an ein Wunder.

Am Sonntag hatte sich die Tour wieder von ihrer brutalen Seite gezeigt. Knochenbrüche, Prellungen und jede Menge Blut auf dem Asphalt - allmählich nimmt die Kritik an den Tour-Organisatoren zu. «Es war sehr rutschig, und ich denke, die Veranstalter haben bekommen, was sie wollten», klagte der Ire Daniel Martin. Der Teamkollege von Marcel Kittel war bei dem Horror-Crash von Porte am Sonntag mitgerissen worden, konnte die Etappe aber ohne schwerere Blessuren beenden.

Leichte Kritik äußerte auch Zeitfahr-Weltmeister Tony Martin: «Wenn die Organisatoren ein bisschen an die Gesundheit der Fahrer denken würden, dann könnte man sich solche Abfahrten sparen.» Er sei kein Freund von solchen Abfahrten, das könne man anders lösen. Das Risiko steige erheblich. Allerdings müsse man auch fairerweise sagen, dass das Wetter eine erhebliche Rolle bei den vielen Unfällen gespielt habe.

Portes Sturz war nicht der einzige schlimme bei dem zweifelhaften Spektakel am Sonntag mit drei Bergen der höchsten Kategorie. Gleich fünf Fahrer mussten das Rennen beenden. «Rücksichtslos», schrieb das Tour-Organ «L'Equipe». Seit Jahren geht bei den Veranstaltern der Trend dahin, im Kampf um die Einschaltquoten eine immer noch größere Show zu bieten.

So wurden bei der Tour in der Vergangenheit auch Kopfsteinpflaster-Passagen aus dem Frühjahrsklassiker Paris-Roubaix eingebaut, oder es ging über die glitschige Passage du Gois auf die Insel Noirmoutier. Beim Giro d'Italia wollte die Organisation in diesem Jahr den besten Abfahrer mit einem Preis belohnen. Erst nach heftiger Kritik aus dem Fahrerfeld wurde davon wieder Abstand genommen.

Die Fahrer machen bei der Aussicht auf Ruhm und große Verträge das Spiel mit und gehen an ihre Grenzen - auch darüber hinaus. Der französische Vorjahreszweite Romain Bardet legte die 13,3 Kilometer lange Abfahrt vom Mont du Chat mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 61,2 Stundenkilometern zurück. Bardet erreichte heil das Ziel, andere Fahrer bekamen in Chambéry nur das Krankenhaus zu sehen. Neben Porte war die Tour auch für Froomes Edelhelfer Geraint Thomas wegen eines Schlüsselbeinbruchs beendet.

«Vielleicht hat sich die Fahrweise verändert. Vor zehn Jahren wurde vielleicht auf den Abfahrten nicht so attackiert», sagte John Degenkolb am Montag, und sein deutscher Kollege Kittel betonte: «Es gibt keine andere Sportart, in der die Balance zwischen Leben und Tod so gegeben ist. Die Tour kann oft schneller vorbei sein, als man denkt. Einmal falsch gebremst, und es ist aus.»

Bereits seit dem Start in Düsseldorf vergeht kaum ein Tag, an dem das medizinische Tour-Bulletin nicht schlimme Verletzungen beinhaltet. Rundfahrt-Star Alejandro Valverde hatte beim ersten Zeitfahren im rheinischen Regen einen Kniescheibenbruch erlitten, sein spanischer Landsmann Ion Izagirre einen Lendenwirbelbruch. Für beide Profis dürfte die Saison gelaufen sein. Ähnliches gilt für Ex-Weltmeister Mark Cavendish, der beim Sprint in Vittel von Peter Sagan in die Absperrgitter gedrängt worden war und einen Schulterblattbruch erlitt. Sagan wurde wegen unfairer Fahrweise disqualifiziert.

Auch für die deutschen Fahrer ist die Rundfahrt bislang alles andere als schmerzfrei verlaufen. Martin quält sich seit dem Massensturz am zweiten Tag mit Prellungen und Schürfwunden über Frankreichs Landstraßen. Für Degenkolb, einer der Leidtragenden beim Cavendish-Sturz, war angesichts seiner Rückenverletzung tagelang das morgendliche Anziehen eine Überwindung. Inzwischen sind beide Akteure wieder zu Kräften gekommen und wollen wieder angreifen.

So drehen sich die Räder weiter. Nur gut, dass bislang nichts Folgenschwereres passiert ist. Seit dem tragischen Sturz des Italieners Fabio Casartelli im Jahr 1995 hatte die Tour kein Todesopfer mehr zu beklagen. Kaum zu glauben angesichts der dramatischen Stürze.

Tour-Homepage

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