Herrenberg (dpa) - Die Tour de France wird für das ums Überleben kämpfende Gerolsteiner-Team zum letzten Rettungsanker. Drei Tage vor dem Tour-Start in Brest teilte Team-Manager Hans-Michael Holczer mit, dass die Suche nach einem neuen Geldgeber bislang ergebnislos geblieben ist.
Leider sei es nicht gelungen, «einen Partner zu finden, bei dem abzusehen wäre, dass er die Rolle von Gerolsteiner als Hauptsponsor des gleichnamigen Radteams ab dem Jahr 2009 übernehmen wird».
Vor der drohenden Schließung will die Mannschaftsleitung aber noch die Frankreich-Rundfahrt abwarten. «Wir haben während der drei Wochen Tour jetzt noch die Hoffnung, dass es doch noch weitergeht», sagte Teamchef Christian Henn der Deutschen Presse- Agentur dpa. Andernfalls würde nach dem Rückzug von T-Mobile ausgerechnet einzig die Dortmunder Equipe Milram, die erst seit sechs Monaten als deutsches Team antritt, in der kommenden Saison die schwarz-rot-goldenen Farben in der ProTour vertreten.
Und Milram bastelt schon eifrig am Kader für 2009 - vor allem auf dem deutschen Markt ist die Team-Leitung umtriebig. «Wir wollen groß umstrukturieren. Ich bin an allen guten deutschen Fahrern interessiert, die in unsere Mannschaft passen», sagte Milram-Manager Gerry van Gerwen der dpa am Mittwoch. Der Niederländer, der wegen des sich abzeichnenden Karriere-Endes des geständigen Doping-Sünders Erik Zabel künftig wohl vermehrt auf Classements-Fahrer setzen wird, betonte: «Bis jetzt habe ich noch mit keinem Fahrer von Gerolsteiner verhandelt.»
Trotz der enttäuschenden Sponsorensuche will sein Kollege Holczer, der den Gerolsteiner-Rennstall 1998 gegründet hatte, aber nicht aufgeben. «Entgegen der ursprünglichen Absicht, die Schließung des Rennstalls zum Ende der Saison sofort anzukündigen», hätten ihn Gespräche mit Interessenten und die Einschätzung von Marketingfachleuten davon überzeugt, die Tour und den folgenden Monat abzuwarten, ehe er «diesen endgültigen Schritt» vollzieht, teilte der Mathematiklehrer mit. Er kammert sich an die vage Hoffnung, dass eventuell «ein unter zwei unterschiedlichen Firmen geteiltes Hauptsponsorat» realisierbar ist.
So optimistisch, dass er seinen Leistungsträgern wie dem WM- Dritten Stefan Schumacher und dem Tour-Hoffnungsträger Markus Fothen einen sicheren Job im kommenden Jahr anbietet, ist Holczer aber nicht. «Wir werden also noch weiter um den Fortbestand des Teams kämpfen, möchten dies aber nicht als eine Form der Aufforderung an unsere Fahrer verstanden wissen, Vertragsunterschriften unvertretbar lange hinauszuzögern, so dass sich daraus ein berufliches und wirtschaftliches Risiko ergeben könnte», erläuterte Holczer.
Auch Henn kann es keinem Fahrer verdenken, «wenn er sich jetzt umschaut», sagte der frühere Telekom-Profi, der betonte: «Niemand muss vor dem Ende der Tour de France etwas unterschreiben.» Fothen indes hatte schon vor dem Schreiben, in dem ihm Holczer am Dienstagabend die Hiobsbotschaft übermittelte, durchblicken lassen, dass für ihn die «Große Schleife» ein Schaufenster ist. «Selbstverständlich ist die Tour ein großer Arbeitsmarkt. Ich werde versuche, mich durch Leistung zu empfehlen», sagte der Team-Kapitän.