Macon (dpa) - Jan Ullrich hat von seinem Arbeitgeber T-Mobile die Rote Karte erhalten. Als Reaktion auf die Doping-Anschuldigungen kündigte das Bonner Mobilfunk-Unternehmen den Vertrag mit dem einstigen Radsport-Idol.
Die Kündigung sei «außerordentlich und fristlos», wie T-Mobile-Teamsprecher Christian Frommert in Macon im Ziel der 18. Etappe der Tour de France bestätigte. Ullrich, der die Kündigung nicht akzeptieren will, erhielt 1995 den Vertrag und unterbrach das Engagement 2003 für ein Jahr, als er erst für Coast und dann für das italienische Team Bianchi fuhr. Das Jahresgehalt des 32-jährigen Wahl-Schweizers aus Rostock wird auf 2,5 Millionen Euro geschätzt.
Nach der einen Tag vor dem Tour-Start am 30. Juni in Straßburg ausgesprochene Suspendierung Ullrichs vollzog T-Mobile nun den nächsten arbeitsrechtlich fälligen Schritt. Ullrich, sein T-Mobile-Team-Kollege Oscar Sevilla, dem ebenfalls gekündigt wurde, Giro-Sieger Ivan Basso sowie Dutzende andere Fahrer sollen in das spanische Doping-Netzwerk der Ärzte Eufemiano Fuentes und José Merino Bartres verwickelt sein.
«Wir konnten ja nicht bis zum Sankt-Nimmerleinstag warten. Jan Ullrich hatte uns zugesagt, seine Unschuld zu beweisen. Das ist bisher nicht geschehen. Deshalb mussten wir ihm kündigen, wir mussten Fristen einhalten», begründete Frommert den erwarteten Schritt. «Wir sind alle sehr enttäuscht, dass es zu diesem Schritt kommen musste.» Ullrich solle auf keinen Fall, wie ihm bei Vertragsabschluss zugesichert wurde, nach Ende seiner Karriere bei T-Mobile weiter beschäftigt werden. Teamchef Olaf Ludwig erklärte, er hätte es für angebracht gehalten, wenn Ullrich aktiv am Beweis seiner Umschuld mitgewirkt hätte.
Ullrich, der 2002 wegen eines Doping-Vergehens nach einer Knieoperation in der Rekonvaleszenz bereits sechs Monate gesperrt war, will die Entlassung nicht hinnehmen. «Die Kündigung von T-Mobile ist für mich nicht akzeptabel. Sehr enttäuscht bin ich darüber, dass mir diese Entscheidung nicht persönlich, sondern von den T-Mobile-Anwälten nur per Fax mitgeteilt wurde», erklärte der Tour-Sieger von 1997 seinerseits in einer Fax-Mitteilung.
Bereits vor einer Woche hatte T-Mobile den Ullrich-Betreuer und Teamchef Rudy Pevenage (52) fristlos entlassen. Nach Ermittlungen der spanischen Polizei, die abgehörte Telefongespräche und SMS- Mitteilungen vorlegte, hatte der Belgier Verbindungen zu dem Doping- Netzwerk in Madrid und soll als Doping-Beschaffer für seinen Schützling agiert haben. Dabei soll Ullrich mit roten Blutkörperchen angereichertes Eigenblut und diverse Doping-Präparate erhalten haben.
Ullrich hatte nach seiner Suspendierung angekündigt, er werde seine Unschuld beweisen. Anfang der Woche erklärte der Olympiasieger jedoch, seine Anwälte würden zunächst die Ermittlungsunterlagen in Spanien einsehen. In einem Rechtsstaat müsse auch für ihn die Unschuldsvermutung gelten. Eine DNA-Analyse zum Beweis seiner Unschuld lehnte der zweifache Zeitfahr-Weltmeister ab. T-Mobile hatte daraufhin die Prüfung weiterer rechtlicher Schritte angekündigt.
Zunächst mit dem Team Telekom und dann mit T-Mobile feierte Ullrich seine größten sportlichen Erfolge. Neben dem Tour-Sieg 1997 fuhr Ullrich fünf Mal auf den zweiten Platz der Frankreich-Rundfahrt, gewann die Vuelta de Espana, zwei Mal die Tour de Suisse und holte bei den Olympischen Spielen in Sydney Gold im Straßenrennen und Silber im Zeitfahren.