Frankfurt (dpa) - Die Deutsche Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (DGSP) hat die B-Proben bei Kontrollen als «Anachronismen in der Dopingbekämpfung» bezeichnet und ihre weltweite Abschaffung gefordert. «Die B-Proben erhöhen nur die Rechtsunsicherheit und die Einkünfte von Rechtsanwälten», kritisierte DGSP-Wissenschaftsrat Jürgen M. Steinacker (Ulm) bei einer Pressekonferenz am Mittwoch in Frankfurt. Er bemängelte, dass die Urinproben dabei teilweise «drei Wochen ohne Kühlung durch die Welt geflogen werden». Dem widersprach die Nationale Anti-Doping- Agentur (NADA) vehement.
«Das stimmt so nicht. Es gibt einen weltweiten Standard bei A- und B-Proben, die werden immer gemeinsam verschickt», sagte NADA- Sprecherin Ulrike Spitz der Deutschen Presse-Agentur dpa. Hans Geyer vom Anti-Doping-Labor in Köln betonte: «Wenn die B-Probe abgeschafft würde, wäre das ein absoluter Rückschritt und eine Missachtung von Athletenrechten.»
Die Proben werden nach dem WADA- und NADA-Code nur auf ausdrücklichen Wunsch des betroffenen Athleten in einem anderen Labor analysiert als die A-Probe. Dies geschehe sehr selten, erklärte Ulrike Spitz. In 99 Prozent der Fälle stimmen beide Urinproben nach NADA-Angaben überein. Erst dann kann ein Sportfachverband durch sein zuständiges Disziplinarorgan ein Verfahren eröffnen.
Im Fall der dreifachen Olympiasiegerin Marion Jones hatte es 2006 eine Ausnahme gegeben: Die inzwischen geständige Amerikanerin war positiv auf das verbotene Hormon Erythropoetin (EPO) - ein Blutdopingmittel - getestet worden, die ebenfalls in Los Angeles analysierte B-Probe konnte das Ergebnis damals nicht bestätigen. Deshalb musste die Sprinterin in diesem Fall freigesprochen werden.
«Die B-Probe verbraucht Geld und Zeit und verschlechtert die Resultate des Anti-Doping-Kampfes», heißt es in einer Erklärung der DGSP, in der bundesweit fast 11 000 Sportmediziner organisiert sind. «Sie wird gern manipuliert», sagte sogar DGSP-Präsident Herbert Löllgen (Remscheid). Sie könne unter Umständen sogar «systematisch falsche negative Testergebnisse» liefern, weil zum Beispiel Peptidhormone durch Alterung, Wärme und allein durch Transport abgebaut werden. «Die Haltbarkeitszeit von EPO beträgt ungekühlt nur eine Woche», erklärte Steinacker, der Arzt des Deutschen Ruderverbandes (DRV). Nach Angaben Geyers müssen die B-Proben jedoch spätestens sieben Tage nach der A-Probe geöffnet werden.