Gerolsteiner (rad-net/dpa) - Die Mannschaft für die Abschiedstournee des Sponsors steht, die Suche nach dem neuen Geldgeber Radrennstall geht weiter. Trotz intensiven Werbens kann Teammanager Hans-Michael Holczer zur Präsentation seiner Mannschaft für die kommende Saison noch keinen Retter präsentieren, der beim Rad-Team die Nachfolge des am Jahresende scheidenden Mineralwasser-Herstellers antreten will. Um die Chance auf eine erfolgreiche Akquise zu erhöhen, setzt Holczer auf Mithilfe des Sportvermarkters Sportfive. «Nicht auszuschließen, dass dieses Team am Ende des Jahres nicht mehr existiert. Aber ein solches Worst-Case-Szenario ist bei uns im Moment nicht präsent», sagte Holczer bei der Vorstellung der neuen Mannschaft.
„Wir werden auch im letzten Jahr unserer Partnerschaft gemeinsam mit voller Kraft am Erfolg arbeiten. Unser großes Ziel ist es, inhaltlich und sportlich zu überzeugen“, so der Teamchef, der auf die Strahlkraft des „Projekt Team Gerolsteiner“ in der vergangenen Dekade verweist. Zuletzt stand das Team allerdings unter einem schlechten Stern. Nach den Schlagzeilen um Stefan Schumacher, bei dem nach einem Bagatell-Unfall am 7. Oktober Alkohol und Spuren von Amphetaminen im Blut festgestellt wurden, drohen dem WM-Dritten nun teaminterne Konsequenzen, deutete Holczer an.
Aus seiner Verärgerung machte Holczer keinen Hehl. «Anwälte haben mir zwar empfohlen, es als Schumachers Privatangelegenheit anzusehen. Aber so kann es nicht weiter gehen. Wir können nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. Es gibt Gespräche», kündigte der Manager an, der eine Trennung von Schumacher nicht kategorisch ausschließen wollte. Holczers ausweichende Antwort auf die Frage, ob der WM-Dritte in der Saison 2008 definitiv für das Team Gerolsteiner in die Rennen gehe, ließ Raum für Spekulationen: «Dazu sage ich nichts.»
Der Bund Deutscher Radfahrer (BDR) hatte den Vorfall nicht als positiven Test gewertet, weil das Aufputschmittel auf der Verbotsliste der Welt-Anti-Doping Agentur WADA außerhalb der Wettkampfzeit nicht aufgeführt wird. Der Radprofi beteuerte seine Unschuld und sieht sich mehr als Opfer denn als Täter. «Ich werde da in eine Schublade gesteckt, in die ich nicht gehöre und fühle mich unfair behandelt. Warum sollte ich eine Woche nach dem Saisonende dopen? Ich bin ein sauberer Sportler und werde ein sauberer Sportler bleiben.» Von atmosphärischen Störungen zwischen ihm und Holczer will der Schwabe nichts bemerkt haben. «Natürlich war er verärgert, weil diese Geschichte schlecht für die Sponsorensuche ist. Aber ich spüre noch immer Rückhalt.»
Solche Diskussionen kommen für Holczer zur Unzeit. Holczer arbeitet weiter an einem Happy End im Kampf um etwa 60 Arbeitsplätze. Mit Hilfe des Vermarkters Sportfive will der Manager die zum Überleben nötigen acht Millionen Euro auftreiben. «Es wäre doch ein Jammer, wenn diese Erfolgsgeschichte zu Ende gehen würde», sagte Sportfive-Geschäftsführer Thomas Röttgermann, «dieser Sport hat noch immer Einiges zu bieten.»
Angesichts der unsicheren Zukunft des Teams für das Jahr 2009 gerieten die rein sportlichen Aspekte bei der Vorstellung des neuen Teams fast in den Hintergrund. Dabei hat sich das 1998 gegründete Team für das letzte Jahr einiges vorgenommen. Angeführt von Profis wie Davide Rebellin (Italien), Schumacher (Nürtingen), Fabian Wegmann (Freiburg), Markus Fothen (Kaarst) und Robert Förster (Markkleeberg) gilt das Hauptaugenmerk der 25 Fahrer umfassenden Mannschaft den Frühjahrsklassikern sowie einzelnen Etappen der wichtigen Rundfahrten in Frankreich, Italien und Deutschland.
Dabei setzt das Team weiter auf den Nachwuchs: «Ich bin jedenfalls sehr zuversichtlich, dass sie zu Leistungsträgern werden können», sagt Holczer. «Wir schicken eine gut aufgestellte und eingespielte Truppe in die Herausforderungen der Saison.» Vier Abgängen stehen drei Neuzugänge gegenüber: Stephan Schreck (29 Jahre alt/Erfurt) sowie die beiden Neoprofis Francesco De Bonis (25/Italien) und Mathias Frank (21/Schweiz). Damit zählen die Gerolsteiner einmal mehr zu den jüngsten Mannschaften in der ProTour.
Außer auf Erfolge setzt das Team auch auf die Außenwirkung seines Einsatzes für einen sauberen Radsport. So hat die Eifel-Equipe gemeinsam mit einigen anderen Teams den Kampf für eine Zukunft der Sportart aufgenommen: Hans-Michael Holczer war unter anderem Mitbegründer der «Bewegung für einen glaubwürdigen Radsport» (MPCC = Movement pour un Cyclisme Credible) während der Tour de France 2007. «Mit der Gründung der Bewegung haben wir ein Zeichen gesetzt. Und wir werden auch 2008 eine sehr klare Haltung vertreten. Das neue Kontrollsystem unterstützen wir beispielsweise einhellig, es ist ein wichtiger Schritt zur Normalisierung und damit eine Chance für den Sport.»