Bodenmais (dpa) - Ab 1. Januar 2006 ist die Hierarchie vertraglich festgelegt: Patrik Sinkewitz fährt für seinen Chef Jan Ullrich. Aber im Moment sind die Bedingungen noch andere.
«Natürlich ist der Sieg mein Ziel», sagte Sinkewitz, noch in Diensten des belgischen Rennstalls Quick-Step, bei der Deutschland-Tour, die in Plauen mit einem Etappensieg seines Team-Kollegen Bram Tankink (Niederlande) begann. Das gleiche Ziel verfolgt der durch eine Erkältung allerdings leicht angeschlagene Ullrich. Gegenseitige Rücksichtnahme ist kaum zu erwarten. «Noch sind Patrik und ich Konkurrenten. Wenn er so stark ist, gewinnen zu können, soll er gewinnen», sagte Ullrich, der an eigenen Ambitionen keinen Zweifel lässt.
Vorjahressieger Sinkewitz, zusammen mit Linus Gerdemann (CSC), Fabian Wegmann und Markus Fothen (beide Gerolsteiner) Vertreter der neuen Generation im deutschen Radsport, hat sich viel vorgenommen. «Als ich bei der Tour de France merkte, dass es bei mir nicht so läuft, habe ich mich geschont und auf die Deutschland-Tour konzentriert. Ich bin mit Sicherheit besser in Form als in Frankreich», sagte der 24-Jährige, der am Jahresende sein altes Team im Groll verlässt.
Seine erste Tour wurde für den Debütanten aus Fulda zum Spießrutenlauf. Sein Manager Patrick Lefèvere warf Sinkewitz Wortbruch vor und strafte ihn bei der Tour mit konsequenter Missachtung und soll sogar Drohungen ausgesprochen haben. «Das war schlimm. Ich habe versucht, das abzuhaken. Ich weiß nicht, ob Lefèvere zur Deutschland-Tour kommt und es interessiert mich auch nicht. Mit unserem italienischen Teamchef und den Fahrern habe ich keine Probleme», meinte Sinkewitz, der durch ungeschicktes Taktieren im Vertragspoker vielleicht nicht ganz unschuldig an der misslichen Lage ist.
Lefèvere, einer der renommiertesten Teamchefs, hatte behauptet, sein deutscher Profi habe ihm bei der Tour de Suisse per Handschlag zugesichert, weiter für Quick Step zu fahren. Stattdessen gab T-Mobile-Manager Olaf Ludwig den Wechsel zur kommenden Saison zum Tourstart bekannt. «Ich hatte Levèfere nichts zugesagt. Außerdem soll er doch jetzt froh sein, dass ich gehe. Er erzählt doch überall herum, dass ich ein schlechter Rennfahrer bin», erregte sich Sinkewitz, der noch nicht weiß, ob er nach der Deutschland-Tour überhaupt noch Renneinsätze für sein belgisches Team hat.
«Keine Ahnung, ob ich bei uns Kapitän bin. Die Strecke ist so schwer - da ist jeder ohnehin in erster Linie auf sich alleine gestellt», meinte Sinkewitz. Der bergfeste Profi hatte bei seiner Inspektions-Tour vor der Frankreich-Rundfahrt nicht schlecht gestaunt, als er auch im Hinblick auf die Schleife durch Deutschland und Österreich die Steigung auf den Rettenbergferner (2687 Meter/ 4. Etappe) in Sölden unter die Räder nahm: «Das Schlimmste, was ich je gefahren bin - unglaublich steil. Da kam selbst der schwerste Tour-Anstieg auf den Palheires in den Pyrenäen nicht mit.»
Seine weitere sportliche Zukunft hat Sinkewitz, bei der Deutschland-Tour mit der Startnummer eins unterwegs, fest umrissen: «Bei T-Mobile findet ein langsamer Generationswechsel statt. Meine Verpflichtung ist dabei ein Mosaikstein. Bei der kommenden Tour fahren wir alle für Jan - das ist auch richtig so. Aber in den Frühjahrs-Klassikern werde ich auch meine Freiheiten bekommen. Die nächsten drei Jahre sind die entscheidenden für meine Karriere.»