Chateauroux (dpa) - Der Traum in Gelb geht für Stefan Schumacher weiter. Der 26-jährige Schwabe aus dem Gerolsteiner-Team verteidigte seine am Vortag errungene Spitzenposition im Gesamtklassement der 95. Tour de France auch auf der 5. und längsten Etappe.
Beim Tagessieg des Engländers Mark Cavendish vor dem dreifachen Weltmeister Oscar Freire (Spanien) und Erik Zabel nach 232 Kilometern reichte Schumacher in Chateauroux ein Platz im Mittelfeld des Pelotons.
Bahn-Weltmeister und Olympia-Kandidat Cavendish feierte den ersten Tour-Etappensieg seiner Karriere und revanchierte sich für sein Pech im Vorjahr. Sein Tour-Debüt musste er in seinem Heimatland nach Stürzen früh abbrechen. «Er ist seinem Ruf, am Ende der Schnellste von allen zu sein, gerecht geworden», lobte Konkurrent Zabel den Youngster.
Bei der ersten Bergankunft in der 1298 m hohen Skistation Super Besse im Zentralmassiv steht Schumacher vor anderen Herausforderungen: «Da wird es sicher ganz schwer, das Trikot zu verteidigen. Heute lief alles super für uns», sagte Schumacher. Viel wird davon abhängen, wie ernsthaft die Topfavoriten Kim Kirchen (+18 Sekunden auf Platz zwei), Cadel Evans (+21) und Alejandro Valverde (+1:27) auf der ersten Bergetappe zur Sache gehen werden. Der Spanier stürzte und musste sich vom Tour-Arzt an seiner lädierten Schulter und am Knie behandeln lassen.
«Ich bin nicht hier, um die Tour de France zu gewinnen. Ich wollte das Trikot tragen und eine Etappe gewinnen. Alles andere ist jetzt ein Bonus», sagte Schumacher zu seinen weiteren Ambitionen. Sein Teamchef Hans-Michael Holczer setzt auch nach dem Triumph von Cholet für das Gesamtklassement «weiter auf Markus Fothen und Bernhard Kohl». Der Träger des Gelben Trikots freute sich über die enorme Distanz: «Da konnte ich das Trikot nochmal richtig genießen.»
Seine Team-Kollegen mussten mächtig strampeln und Kräfte lassen, um das Gelbe Trikot zu verteidigen. Auf der Verfolgung dreier Ausreißer fuhr die Eifel-Equipe lange alleine an der Spitze des Hauptfeldes. Erst zum Schluss schalteten sich auch andere Mannschaften ein und die Flucht der drei Franzosen war erst unmittelbar vor dem Zielstrich - Lillian Jegou hielt als Letzter bis 200 m vor Schluss durch - beendet. Die Aufholjagd schien generalstabsmäßig geplant.
Am 13. deutschen Gelben Trikot scheiden sich die Geister. Mit seinem Husarenritt verschaffte die neue Tour-Überraschung seinem Gerolsteiner-Team zwar die dringend benötigte Frischluftzufuhr - rief zugleich aber wieder die Zweifler auf den Plan. «Ein blasses Gelbes Trikot», titelte die «L'Équipe» in Anspielung auf Schumachers zurückliegende Eskapaden. Selbst Holczer räumte ein, dass der 26- Jährige für die Rolle des strahlenden Hoffnungsträgers angesichts seiner bewegten Vita nicht hundertprozentig tauge: «Er hat eine Vergangenheit, in der es nicht unbedingt makellos zuging.»
Es ist eine Ironie der Geschichte, dass ausgerechnet Holczers Problem-Fall dem Gerolsteiner-Team zum ersten Mal in elf Jahren das «Maillot Jaune» bescherte und zum Faustpfand bei der Sponsorensuche werden könnte. Denn Anfang des Jahres stand Schumachers Arbeitsplatz nach einer Reihe von Skandalen auf der Kippe. Den Höhepunkt bildete im Oktober direkt nach der WM 2007 in Stuttgart ein Autounfall unter Alkoholeinfluss, nach dem die Polizei auch Spuren von Amphetaminen in seinem Blut fand. Zuvor war er mit erhöhten Blutwerten aufgefallen, die Experten aber glaubhaft nicht auf Manipulation zurückführten.
Drei Stunden nach Schumachers Coup sprach Holczer von einigen «Ungereimtheiten» in dessen Vergangenheit. Als in der «Tagesschau» der ARD, die sich eine kritische Haltung zu Schumacher, Valverde und Co. verordnet hat, von einem früheren Doping-Verdacht gegen Schumacher berichtet wurde, konstatierte Holczer: «Damit muss er leben.» Die ARD will ihren Stil beibehalten. «Es hat schon erste Reaktionen von Zuschauern gegeben, die uns vorwarfen: 'Wollt Ihr das Gelbe Trikot verunglimpfen», sagte ARD-Sprecher Rolf-Dieter Ganz.
Für Juan Antonio Soler, den «Bergkönig» der Tour 2007, ist die Rundfahrt bereits zu Ende. Der zum Auftakt mehrfach gestürzte Kolumbianer, der seit der 2. Etappe mit einem gebrochenen Finger fuhr, gab auf. Schumachers Team-Kollege Heinrich Haussler (Cottbus) stürzte drei Kilometer vor dem Ziel schwer. «Zuerst war er nicht ansprechbar. Wir wissen noch nicht, was er hat und ob er weiterfahren kann», sagte sein Sportdirektor Cristian Henn.