Andorra (dpa) - Die frühere Verbands-Präsidentin Sylvia Schenk und der ehemalige Team-Manager Hans-Michael Holczer betrachten die Wirksamkeit der Doping-Kontrollen im Radsport mit Skepsis. «Ich würde sagen: Es ist schlimmer geworden. Ich habe von außen jetzt einen anderen Blick. Wäre ich noch dabei, würde ich wahrscheinlich auch finden: Die härteren Anti-Doping-Maßnahmen greifen», sagte Holczer der Deutschen Presse-Agentur dpa. «Die Hemmschwelle zu dopen ist im Peloton niedrig wie eh und je», schrieb Sylvia Schenk, von 2001 bis 2004 Chefin des Bundes Deutscher Radfahrer (BDR), in einem Gastbeitrag für das «Hamburger Abendblatt». Das Comeback eines Lance Armstrong mag der Tour laut Schenk «öffentliche Aufmerksamkeit einbringen - für die Glaubwürdigkeit des Rennens ist es eine Katastrophe».Die 57 Jahre alte Juristin und ehemalige Leichtathletin bezeichnete es als kein gutes Zeichen, dass nach einer Woche Tour de France kein Dopingfall nach außen gedrungen ist. Vor dem Start in Monaco hatte die immer gut informierte «L'Équipe» gemutmaßt, dass «vier bis sieben Fälle» unmittelbar bevorstünden. Routinier Jens Voigt erklärte sogar, er kenne die Namen. «Spätestens seit der Affäre um Marion Jones wissen wir, dass Dopingkontrollen allein nicht ausreichen. Man muss weiter befürchten, dass der letztjährige Bergkönig Bernhard Kohl recht hatte mit seiner Einschätzung, dass man die Tour nicht sauber gewinnen kann», schrieb Schenk.
Es reiche nicht, «einzelne Fahrer auffliegen zu lassen. Wer es mit der Bekämpfung des Dopings ernst meint, muss mit dessen Strukturen, aber auch mit der Mentalität brechen und vor allem das Umfeld in den Blick nehmen. Bjarne Riis als bekennender Dopingsünder dürfte nie und nimmer ein Profiteam führen.» Der Schaden sei schon jetzt immens, meinte Schenk. «Viele seriöse Sponsoren sind ausgestiegen, und die Rennställe und Veranstalter tun sich keinen Gefallen damit, sie durch neureiche Unternehmen aus Osteuropa zu ersetzen», schrieb die Vorsitzende der Anti-Korruptions-Organisation Transparency International Deutschland. Immer mehr Zuschauer - nicht nur in Deutschland - wendeten sich ab. Bei ihrer Verbandstätigkeit sei sie im Anti-Doping-Kampf an «interne Grenzen» gestoßen.