Frankfurt (rad-net) - Rudolf Scharping, Präsident des Bund Deutscher Radfahrer (BDR) kündigt unter Umständen noch weitere Konsequenzen für den Anti-Doping-Kampf seines Verbandes an. Entsprechend äußerte sich Scharping jetzt im Rahmen der Präsidiumssitzung des BDR in Frankfurt. „Die Vergangenheit wird aufgeklärt“, so Scharping in dem Gespräch, das in Reaktion auf das Interview mit Patrik Sinkewitz in der „Süddeutschen Zeitung“ entstand.
Patrik Sinkewitz beschuldigt in der Süddeutschen Zeitung den früheren Bundestrainer Weibel. Wie reagiert der BDR darauf?
Scharping: Die öffentlichen Äußerungen decken sich
mit dem, was Sinkewitz gegenüber dem Sportgericht gesagt hat. Das kennen wir
beim BDR seit etwa zwei Wochen …
...aber darauf muss man doch reagieren?
Scharping: Na sicher. Wir haben sofort Herrn Weibel
zu einer Stellungnahme aufgefordert. Die wollen wir schriftlich auf dem Tisch
haben. Da reicht uns eine öffentliche Äußerung nicht, auch wenn Peter Weibel
alles bestreitet und rechtliche Schritte gegen Sinkewitz ankündigt. Weibel hatte
einen Herzinfarkt, ist in der Reha – aber ich rechne im Laufe der Woche mit
seiner Stellungnahme.
...und dann?
Scharping: Es bleibt dabei: Herr Weibel wird bei
uns nicht mehr Trainer sein; da gibt es ja auch Fehlverhalten, die er eingeräumt
hat. Die arbeitsrechtlichen Fragen müssen die Fachleute klären. Wichtiger ist
mir, dass auch diejenigen sich äußern, die 2000 bei der WM dabei waren.
Das ist eingeleitet. Alles Weitere geschieht, sobald wir Weibels Stellungnahme
schriftlich haben.
Was sagen Sie eigentlich zu der damaligen Zeit? Das war ja offenbar mehr als
einfach, sich EPO zu besorgen?
Scharping: Leider – und viele hatten trotz des
Festina Skandals 1998 überhaupt kein Unrechtsbewusstsein. Der damalige BDR
Präsident Böhmer aber hatte klare Anweisungen gegeben. Ein Bahnfahrer war 1999
mit erhöhtem Hämatokritwert aufgefallen – und der Anteil roter Blutkörperchen
war damals die einzige Methode, Manipulationen zu entdecken. Darum wurden diese
Werte auch regelmäßig kontrolliert. Auch hier gehen wir weiteren Informationen
nach, was jetzt durch den Zeitablauf erschwert ist. Wenn es damals schon
Gerüchte gab, hätten die in 2000 oder 2001 Verantwortlichen allerdings handeln
sollen.
Fürchten Sie weitere Konsequenzen?
Scharping: Was heißt fürchten. Die Vergangenheit
wird aufgeklärt, sonst gibt es keine glaubwürdige Zukunft. Immer dann, wenn
Tatsachen auf dem Tisch sind, werden wir die bewerten und Konsequenzen ziehen.
Deshalb werden wir auch nur mit schweren Bedenken das Urteil des Sportgerichts
in Sachen Sinkewitz akzeptieren. Der hat zeitgleich eine Ehrenerklärung
unterschrieben und weiter gedopt. Sinkewitz hat dem Radsport gewaltigen Schaden
zugefügt, und den sollte er wenigstens symbolisch ausgleichen helfen.