Nürtingen (dpa) - Der nach einer positiven A-Probe des Dopings verdächtigte Radprofi Stefan Schumacher geht in die juristische Offensive. Der 27-jährige Schwabe aus Nürtingen verklagt die Französische Anti-Doping-Agentur AFLD auf Verleumdung.
Das kündigte der zweifache Tour-de-France-Etappensieger und Träger des Gelben Trikots auf seiner Homepage an. Sein Heidelberger Anwalt Michael Lehner («Meine Arbeitsgrundlage ist: Er hat nicht gedopt») beauftragte nach einem Gespräch mit der AFLD in Paris eine französische Kanzlei mit der Wahrnehmung der Rechte.
Laut Schumacher pflegt die AFLD, die dem Profi CERA-Doping in einem Test nach der Tour - genauso wie dem geständigen Bernhard Kohl - nachgewiesen hatte, «regen Kontakt mit den Medien» und formuliert Vorwürfe gegen ihn. «In unverantwortlicher Form», wie Lehner findet. Ein von dem Anwalt an die AFLD gesendeter Fragen-Katalog zu den Vorwürfen sei seit Wochen unbeantwortet. Die Anti-Doping-Agentur in Frankreich hatte mit großer Effizienz zum ersten Mal die Doping-Tests bei der Tour geleitet und die Nach-Kontrollen nach einem neuen Verfahren im angesehenen Labor in Chatenay-Malabry vornehmen lassen.
Schumacher bezweifelt dabei die korrekte Vorgehensweise und äußerte grundsätzliche Zweifel am Nachweisverfahren. «Ich habe nicht gedopt und habe ein reines Gewissen», erklärte der WM-Dritte von 2007, der bei den Titelkämpfen in Stuttgart mit erhöhten Blutwerten aufgefallen war und wenige Tage später bei einer Blutprobe durch die Polizei neben Alkohol auch Spuren eines Amphetamins aufwies. In beiden Fällen gab es keine Sanktionen gegen Schumacher, der am Donnerstag ankündigte, für 2009 eine neue Lizenz beim Bund Deutscher Radfahrer (BDR) zu beantragen, weil «bis heute bei den relevanten Verbänden nichts gegen mich vorliegt. Weder beim Weltverband UCI, noch bei meinem Heimatverband, dem BDR».
Lehner sieht für den BDR «keine Handhabe, die Lizenz zu verweigern». Er will auch versuchen, Schumachers neuen belgischen Arbeitgeber Quick Step, der nach Bekanntwerden der Affäre sofort abgesprungen war, auf Vertragstreue zu verpflichten. Für den BDR stellt sich die Situation so dar: Es liegt eine positive A-Probe vor und Schumacher wurde von seinem Team Gerolsteiner suspendiert. In Frankreich läuft ein Verfahren, und der Verband wartet auf dessen Abschluss. «Im Fall eines Lizenzantrages werden wir die Sachlage dementsprechend rechtlich prüfen und dann entscheiden», sagte BDR-Generalsekretär Martin Wolf der Deutschen Presse-Agentur dpa. Ähnlich argumentierte am Donnerstag auch die UCI.
Schumacher fühlt sich in der Öffentlichkeit gebrandmarkt: «Die meisten hatten mich doch schon vorverurteilt, versehen mit dem Stempel: 'Vernichter des deutschen Radsports.' Es sah teilweise so aus, als hätten einige nur auf einen Vorwand gewartet, um sich vom Radsport zu verabschieden. Ich war plötzlich an allem schuld - am Ausstieg der ARD bei der Tour de France, an den Absagen von Rennen, an der Schließung von Teams», schrieb der einstige Gerolsteiner Profi auf seiner Homepage.
Schumacher ist nicht klar, welche A-Probe im Nachtest «angeblich positiv» gewesen sein soll, wenn nämlich jene A-Proben vom 3. und 15. Juli - mit negativem Befund - doch schon für Tests während der Tour geöffnet worden waren. Er sei in Frankreich «so oft getestet wie kaum ein anderer Fahrer», nämlich 14 Mal. Schumacher: «Alle Auswertungen waren negativ.» Das Regelwerk kenne keine Nachuntersuchung einer bereits ausgewerteten und überprüften A-Probe - außer zu wissenschaftlichen Zwecken.
Schumacher hegt Zweifel: «Wer sagt mir, was das für Blut ist? Wie wurde es nach der Entsiegelung und der bereits vorgenommenen Auswertung gelagert? Wer hatte alles Zugriff? Angeblich wurde das Blut in Lausanne gelagert und dann nach Paris gebracht. Aber wie wurde es transportiert? Kurzum: Ich würde gerne ein ausführliches Protokoll sehen.» Seinem ehemaligen Team-Chef Hans-Michael Holczer warf er vor, ihm die Staatsanwaltschaft, «Hausdurchsuchung inklusive, auf den Hals gehetzt» zu haben.
Die UCI würde Schumacher die Lizenz erteilen, allerdings nicht vor dem erwarteten AFLD-Verfahren. «Die Lizenz ist kein Problem, wenn es ein transparentes Verfahren gibt. Der Fall liegt zur Zeit nicht in unserer Entscheidungsgewalt», sagte UCI-Präsident Pat McQuaid am Donnerstag auf einem internationalen Anti-Doping-Forum in Berlin. Der Ire rechnet damit, dass die AFDL «in nächster Zeit» das Verfahren eröffnen wird.