Bizkaia (dpa) - Die Sonne brennt über Torrelavega. Als sich Emanuel Buchmann den Zeitfahrhelm vom Kopf reißt, perlt der Schweiß vom Gesicht. Es ist die Hitze, die Anstrengung auch.
Buchmann, ein Kletterer und kein Zeitfahrspezialist, hat auf dem 32 Kilometer langen Kurs alles gegeben. Gereicht hat es trotzdem nicht. Der 25-Jährige, eines der größten deutschen Rundfahrt-Talente, flog nach der 16. Etappe aus den Top Ten des Gesamtklassements, wenn auch nur um fünf Sekunden. Auf den ausstehenden Bergetappen am Freitag und Samstag kann er noch den Sprung unter die Top Ten schaffen. Dann hätte er sein großes Vuelta-Ziel erreicht.
Für den Sohn eines Schreiners, der in seinem Bora-hansgrohe-Team zum ersten Mal bei einer großen Länder-Rundfahrt zum Kapitän befördert wurde, geht es langsam voran. Frustration darüber ist ihm nicht anzumerken. «Es war ein gutes Zeitfahren für mich», sagte er, obwohl er an diesem Tag über drei Minuten verlor. Der introvertierte Buchmann ist auf dem Weg, für die beste Rundfahrt-Platzierung eines deutschen Radprofis bei den seit 2009 zu sorgen. Damals - in einer anderen Ära - wurde Andreas Klöden Sechster bei der Tour de France.
Buchmann hatte in der ersten Vuelta-Woche mit seinen Leistungen Appetit auf mehr gemacht. Da düpierte er im Bergsprint die absoluten Asse. Der Anschluss zur Spitze, zum Gesamtführenden Simon Yates und dem Kolumbianer Nairo Quintana, schien vollzogen. Doch in der zweiten Woche kam die Ernüchterung. Sekunde um Sekunde verlor er.
Diese Rückschläge steckte der Ravensburger unbeeindruckt weg. «Ich schaue auf mich. Ich verbessere Jahr für Jahr meine Leistung. Auch in diesem Jahr bin ich besser als im letzten. Ich muss nur so weiter arbeiten, dann bin ich in ein paar Jahren auch vorne dran», sagte Buchmann der Deutschen Presse-Agentur.
Rückendeckung erhält er vom Team. «Man darf ihn jetzt nicht mit Yates oder Quintana vergleichen. Das war ein bisschen ein Traumdenken von einigen, die die ersten Tage gesehen haben», erklärte der sportliche Leiter Enrico Poitschke. Er attestiert Buchmann eine «sehr gute Vuelta» und sieht weiterhin Potenzial. «Er ist ein Fahrer, der nicht schon im Nachwuchsbereich dieses Supertalent war. Er entwickelt sich kontinuierlich weiter. Es gibt Fahrer, die erreichen erst mit 32, 33 Jahren ihren Zenit.»
Das ist ein weiter Planungshorizont. Große Ambitionen bei dieser Vuelta hat der Rennstall aber auch. Deshalb muss Buchmann akzeptieren, dass sein nomineller Berghelfer Rafal Majka immer wieder selbst den Etappensieg in einer Fluchtgruppe sucht. Am Mittwoch wurde das polnische Geburtstagskind Vierter. «Natürlich wollen wir hier auch Etappensiege», sagt Poitschke. Realismus bei Bora-hansgrohe bedeutet auch, nicht alle Kräfte auf den jungen Kapitän zu konzentrieren.