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Jan Ullrich wischt sich Mitte August vor dem Start zum Radweltcuprennen "Meisterschaft von Zuerich" den Schweiß von der Stirn.
30.09.2003 17:22
Pevenage/Godefroot-Treffen bisher ohne Ergebnis

Brüssel/Berlin (dpa) - Der Weg von Jan Ullrich zurück zu seinem früheren Arbeitgeber Telekom ist steinig. In einem Gespräch zwischen den zerstrittenen Walter Godefroot, Telekom-Manager, und Rudy Pevenage, Ullrich-Betreuer und Sportchef seines bisherigen Rennstalls Bianchi, kam es zu keiner Annäherung.

«Wir haben keinen neuen Gesprächs-Termin. Wir haben mit Ullrich gesprochen und heute mit Pevenage. Jetzt muss Ullrich entscheiden. Ich gehe davon aus, dass das bis zum Wochenende passiert», sagte Telekom-Teamsprecher Olaf Ludwig, der bei dem einstündigen Vierer-Gipfel in einem Café auf dem Brüsseler Flughafen dabei war.

Der 60-jährige Godefroot hatte noch vor Tagen seinen bekannten Standpunkt aus Verärgerung über Pevenages abrupten Abgang kurz vor dem Jahreswechsel 2003 wiederholt: «Nie mehr mit Pevenage.» Auf der anderen Seite will Ullrich auf seinem weiteren sportlichen Weg auf keinen Fall auf seinen Mentor verzichten. Dem Vernehmen nach ist Godefroot von seiner Überzeugung nicht abgewichen. «Das könnte so laufen, dass Pevenage aus der roten und Godefroot aus der blauen Ecke kommen», hatte Ludwig den möglichen Ablauf der «Annäherung» zwischen beiden Streithähnen geschildert.

Ein Weg aus der Zwickmühle könnte im Falle einer jetzt vielleicht nicht mehr so wahrscheinlichen Telekom-Verpflichtung Ullrichs Pevenages zukünftiges Betätigungsfeld als persönlicher Trainer oder Betreuer des Olympiasiegers sein, der dann auch nur von seinem Schützling bezahlt werden würde. Ullrichs langjähriger Berliner Coach Peter Becker ist ohnehin schon seit längerem kaum noch für die sportlichen Belange des gebürtigen Rostockers zuständig. «Ich kann mir eine offizielle Betätigung Pevenages im T-Mobile-Team als Angestellter der Godefroot GmbH nicht vorstellen», hatte Ludwig in Palma de Mallorca vor dem Treffen erklärt.

An dem Treffen nahmen neben den beiden Belgiern und Ludwig auch Ullrich-Manager Wolfgang Strohband teil. Der 29-jährige Wahl-Schweizer, um den sich seit Ende der Tour de France das Wechsel-Karussell dreht, blieb an seinem Wohnsitz am Bodensee. Die «Bild am Sonntag» hatte in der Vorwoche gemeldet, Ullrich seien von Telekom für die kommenden drei Jahre pro Saison 2,5 Millionen Euro geboten worden.

Neben der wahrscheinlich attraktivsten und sichersten Telekom-Offerte hat Ullrich noch mindestens zwei weitere Angebote. Allerdings scheint sein alter Arbeitgeber, dessen Tochter T-Mobile ab 2004 Hauptsponsor im Profi-Radsport wird, jetzt die besten Karten zu haben. «In den nächsten Tagen entscheide ich mich», hatte Ullrich auf seiner Homepage ein Ende der monatelangen Pokerpartie um seine Dienste angekündigt. Angeblich soll sich auch die konservative Regional-Regierung Mallorcas zusammen mit dem spanischen Rennstall iBanesto weiter um Ullrich bemühen.

Seit 1995 fuhr Ullrich für Telekom und verbuchte unter dem schwarzen T 1997 mit dem ersten Tour-Sieg eines deutschen Rad-Profis seinen größten Erfolg. Nach seiner positiven Doping-Analyse kündigte das Bonner Unternehmen den Ullrich-Vertrag im Sommer 2002. Danach begann für Ullrich eine Odyssee. Im Januar 2003 unterschrieb er beim finanziell auf zu schwachen Füßen stehenden Rennstall Coast einen vermeintlich hoch dotierten Vertrag. Kurz vorher hatte Pevenage Telekom verlassen, um Ullrich weiter zu betreuen.

Coast durfte nur rund einen Monat unbehelligt im Konzert der großen Teams mitspielen. Dann intervenierte der Weltverband, Bianchi sprang für die bankrotte Coast-Mannschaft ein und rettete so die Starterlaubnis für die Tour. Hier feierte Ullrich nach 14 Monaten Inaktivität wegen zwei Knie-Operationen und der Doping-Affäre ein sensationelles Comeback. Trotzdem gelang es Bianchi offensichtlich nicht, finanzstarke Partner zu finden, die eine Weiterbeschäftigung des fünffachen Tour-Zweiten und zweifachen Zeitfahr-Weltmeisters garantiert hätten.

Kommt der Kontrakt mit Telekom zu Stande, dürfte ein Großteil seines bisherigen Bianchi-Teams vor der Arbeitslosigkeit stehen. Außer Tobias Steinhauser, den Ullrich als persönlichen Helfer und Motivator mitbringen dürfte. Im «Paket Ullrich» stecken neben Pevenage und Steinhauser noch sein Bruder Stefan als Team-Mechaniker und eine Physiotherapeutin.


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