Berlin (dpa) - Highnoon in Amilly südlich von Paris: Kurz nach 12.00 Uhr mittags startete der Franzose Thierry Hupond als erster von 160 Fahrern zum 4,6-Kilometer-Prolog der 66. Auflage von Paris-Nizza und vollzog damit wohl die Spaltung des Radsports.
Der Weltverband UCI in seiner alten Form ist tot. Der Tour-de-France- und Paris-Nizza-Veranstalter ASO fühlt sich als der große Gewinner im Machtkampf der Radsport-Funktionäre, die eigentlich mit dem Doping- Thema voll beschäftigt sein müssten. Tour-Chef Christian Prudhomme wirkte nach dem vom Norweger Thor Hushovd gewonnenen Prolog fünf Sekunden vor dem drittplatzierten Stefan Schumacher aus Nürtingen jedenfalls hoch zufrieden.
Der Franzose konnte trotz schwerer Sanktions-Drohungen durch die UCI in Amilly Prominenz am Start begrüßen: Neben dem Topsprinter Hushovd und dem WM-Dritten Schumacher den Tour-Zweiten Cadel Evans, den Paris-Nizza-Favoriten Davide Rebellin (Gerolsteiner), Het-Volk- Sieger Philippe Gilbert, Giro-Gewinner Damiano Cunego oder den zweifachen Deutschland-Tour-Sieger Jens Voigt (CSC), der im Prolog Elfter wurde.
Prudhommes Gegenspieler, UCI-Chef Pat McQuaid, der Teams und Fahrern beim Start in Amilly mit Sperren, Geldstrafen und der Streichung des WM-Startrechts drohte, redet jetzt von einer Neuordnung der Spitzen-Wettkämpfe und kämpft damit um seine Daseinsberechtigung. Hans-Michael Holczer, Chef des Gerolsteiner- Teams, gab dem Iren in dieser Beziehung Rückendeckung: «Wir brauchen die UCI als Regierung des Radsports weiter, die ASO will keine eigene Rennserie etablieren. Aber der Spitzenbereich muss gesondert behandelt werden, mehr noch als bisher mit dem gescheiterten ProTour- Status». Jetzt sei die UCI am Zuge, «sie könnte Sanktionen von symbolisch bis schmerzlich aussprechen», sagte Holczer.
Aber an den geschaffenen Tatsachen kommt der machtlos gewordene Dachverband nicht mehr vorbei. Sollte er tatsächlich wie angedroht alle 160 am Sonntag gestarteten Fahrer sperren, haben andere Veranstalter und Profis schon glaubhaft Solidarität signalisiert. Angelo Zomegnan, Veranstalter des Giro d'Italia und von Donnerstag an Gastgeber des zweiten Mailand-San-Remo-Vorbereitungsrennens Tirreno- Adriatico, stellte sich hinter die ASO-Entscheidung. Die Verlagsgruppe hatte sich entschieden, Paris-Nizza unter die Oberaufsicht des Französischen Radsport-Verbandes FFC zu stellen und so aus der Verantwortung der UCI zu lösen. So sollten konsequentere Anti-Doping-Maßnahmen und eine entsprechende Einladungs-Politik zu den Rennen gewährleistet werden.
«Es gibt Gerüchte über eine eigene Liga. Wenn die Teams mit der ASO gehen wollen, dann ganz», hatte McQuaid am Wochenende dpa erklärt und damit eine Rückkehr der startenden Teams zum Weltverband und dessen Rennen ausgeschlossen: «Die Mannschaften können nicht den Fuß in zwei Türen haben.» Nach langem Hin und Her hatten am Freitagabend 20 Mannschaften in Paris mehrheitlich für einen Start gestimmt. Die UCI hatte zuvor Disziplinarverfahren gegen den FFC, dessen Präsidenten Jean Pitallier und Eric Boyer, den Chef der Profiteam- Organisation AIGCP, eingeleitet.
Der Veranstalter wolle lediglich an Macht im Radsport gewinnen, hatte McQuaid der ASO unter anderem vorgeworfen. «Die ASO ist ein Unternehmen, das nur seinen Aktionären berichten muss. Die UCI ist eine demokratische, supranationale Organisation, die die Interessen aller vertritt, die im Radsport involviert sind», erklärte der Ire, der auch von «Erpressung der ASO» sprach. Dem widersprach Holczer, der nichts von einer Drohung weiß: Wer bei Paris-Nizza nicht startet, darf auch zur Tour nicht kommen. Ein drohendes UCI-Szenario ist laut Holczer vom Tisch: «Ein Start bei Paris-Nizza hat keinen Einfluss aufdie Startberechtigung bei Olympischen Spielen.»
«Meine Priorität besteht nun darin, das Rennen den Fahrern zurückzugeben und am Donnerstag im Anstieg zum Mont Ventoux den 75. Geburtstag von Paris-Nizza zu feiern», sagte ein sichtlich zufriedener Prudhomme dem TV-Sender Eurosport.
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