Peking (rad-net) - Die deutschen Paralympics-Sportler radeln bei den Spielen von Peking weiter um die Medaillen mit. Wolfgang Sacher holte auf der Radrennbahn einen Tag nach Silber in der Einerverfolgung Bronze im Zeitfahren. Der 41-jährige armamputierte Sportler fuhr die 1000 Meter in 1:10,812 Minuten, Gold ging in 1:08,873 Minuten an den Briten Mark Bristow. Zu den weiteren Gold-Hoffnungen aus deutscher Sicht zählt in Peking auch Michael Teuber.
Der 40-jährige Oberbayer startet in der Klasse LC4 der Sportler mit Behinderungen an beiden Beinen und fährt unter anderem in der Verfolgung über 3000 Meter und im Zeitfahren auf der Straße. In diesem Disziplinen stand er bereits vor vier Jahren ganz oben auf dem Treppchen und gehört auch in Peking zu den Top-Favoriten. Auf dem Ergometer schafft Michael Teuber eine Leistung von 320 Watt – Jan Ullrich kam früher auf 500 Watt. Teuber freilich strampelt mit einem echten Handicap. Von der Oberschenkel-Muskulatur sind bei beiden Beinen nur noch die oberen zwei Drittel vorhanden, darunter ist Teuber gelähmt. Muskeln gibt es keine mehr.
Die schwere Behinderung ist die Folge eines Autounfalls des damals 19-jährigen Abiturienten mit der niederschmetternden Diagnose Querschnittlähmung. „Ich hatte bereits ein Leben im Rollstuhl vor den Augen“, sagt Teuber, „und den Rolli auch akzeptiert.“ Als sich in der Reha jedoch herausstellte, dass im rechten Oberschenkel ein Rest Sensibilität vorhanden war, ergriff Teuber diesen Strohhalm. Mit eisernem Willen holte er Muskelfaser für Muskelfaser zurück und konnte nach zwei Jahren erstmals auf den Rollstuhl verzichten. Mit Hilfe von Spezialschienen geht Teuber heute mit seiner Frau und der gemeinsamen fünfjährigen Tochter sogar auf ausgedehnte Einkaufsbummel. Wesentlich einfacher als das Laufen fällt Teuber freilich das Radfahren. Außerdem sei Fahrradfahren ein ideales Rehamittel „und die schonenste Möglichkeit, die verbliebene Muskulatur zu reaktivieren.“
Über den Umweg Mountainbike entdeckte Teuber das Rennradfahren. Schon während seines Betriebswirtschaftsstudiums nahm er an Wettkämpfen teil. Seine ersten Paralympics erlebte Teuber 1996 in Atlanta am Fernseher. Kurz darauf stellte er sich dem Bundestrainer vor und holte schon 1998 bei den Weltmeisterschaften im paralympischen Radsport die ersten beiden Goldmedaillen. Dank der Unterstützung von Sponsoren und der deutschen Sportförderung kann Teuber seit mehreren Jahren unter professionellen Bedingungen trainieren. Bei täglich fünf bis sieben Stunden kommt er auf ein Jahrespensum von rund 15.000 Kilometern. Auch bei der Auswahl des Materials setzt Teuber – wie die Kollegen ohne Handicap - auf erstklassiges Material. Auf der Straße ist Teuber mit einer Karbon-Alu-Maschine von Cannondale unterwegs, das Bahnrad ist eine Spezialanfertigung.
Für die Rennen in Peking hat Teuber nun noch ein weiteres As im Ärmel. Zum Einsatz kommen superleichte Orthesen für Unterschenkel und Fuß. Diese High Tech-Schienen sind mit dem Pedal festverbundene Schuhe und stabilisierendes Hilfsmittel zugleich. „Die Kraft aus meinen Oberschenkeln sollte möglichst direkt auf die Pedale übertragen werden“, erläutert Teuber. Auf der Suche nach dem Wunderschuh stießen die Orthopädie-Techniker zunächst an ihre Grenzen. Durch die Zusammenarbeit mit weiteren Unternehmen gelang schließlich der Durchbruch. Nach einem exakten Gipsabdruck von Teubers Beinen erstellte ein Münchner Ingenieurbüro mit Hilfe der Spezialisten aus Markgröningen ein dreidimensionales Computermodell, woraus die ersten Prototypen mit Hilfe des sogenannten Laser-Sinter Verfahrens entstanden. Dabei brennt ein Laser aus einem Kunststoffblock Schicht für Schicht die exakte Schuhform heraus. Die Orthesen mit Spezialverschluss zieht Teuber ähnlich wie einen Skischuh-Heckeinsteiger an.
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