Leipzig (dpa) - Politik statt Pedale: Olympiasieger Jens Lehmann lässt seine Radsport-Karriere langsam ausrollen und nimmt Schwung für eine Laufbahn als Politiker.
Nach seinem Einzug ins Leipziger Stadtparlament fiebert der 37-jährige deutsche Meister in der 4000-Meter-Einzel- und Mannschaftsverfolgung dem 28. Juni entgegen. Dann wird die Leipziger CDU ihre zwei Kandidaten für die vorgezogene Bundestagswahl nominieren - und Jens Lehmann möchte dabei sein. «Das ist ein ganz wichtiger Termin», sagte der sechsmalige Weltmeister in einem dpa-Gespräch.
Als Lehmann im Vorjahr in Leipzig erneut deutscher Einzelmeister sowie Titelträger mit dem Vierer vom Team Köstritzer wurde, hatte er das Ende seiner sportlichen Laufbahn noch einmal vertagt. «Das war noch einmal eine besondere Motivation», erklärte er. Allerdings fragte er sich auch: «Was hat mir die deutsche Meisterschaft gebracht? Die Weltmeisterschaften fanden im März ohne mich statt und ich war seither bei keinem Weltcup am Start.»
Schon die Olympischen Spiele in Athen hatte Lehmann verpasst, weil der Bund Deutscher Radfahrer (BDR) auch die Teamfähigkeit in seinen Nominierungskriterien verankert hatte. Diese wurde dem Leipziger abgesprochen, weil er sich 2003 bei der Bahn-WM in Stuttgart geweigert hatte, gemeinsam mit einigen der nominierten Fahrer im Vierer anzutreten.
Einen Einzelstart bei den nationalen Titelkämpfen in Hamburg (17. bis 21. August) hat Lehmann so gut wie abgeschrieben. «Ich würde gern fahren. Aber das geht nur, wenn ich den 28. nicht schaffe», sagte er. Allerdings ist nicht ausgeschlossen, dass ich noch einmal im Köstritzer-Vierer fahre. Das traue ich mir zu.» Für eine Medaille in der Solo-Konkurrenz fehlen ihm Trainingseinheiten. Er vollzieht einen Rücktritt auf Raten, ganz festlegen auf den Abschluss seiner Karriere mag er sich (noch) nicht. Auch sein Vertrag als Radprofi beim Team Köstritzer läuft zum Jahresende aus. Wenigstens bis dahin wird er noch Rennen bestreiten, auch auf der Straße, «wo ich etwas Geld verdiene».
Der Großteil seiner Tage ist mit der Arbeit im Stadtrat ausgefüllt. «Ich nehme das alles sehr ernst», betonte der Abgeordnete. Im Sportausschuss «musste ich nicht bei Null anfangen», die Bereiche Jugend, Soziales, Gesundheit und Schule seien hingegen Neuland gewesen. «Deswegen habe ich auch die Wintersaison ganz bewusst weggelassen und mich den ganzen Tag mit Stadtrat befasst. Ich weiß, dass ich beobachtet werde und komme deswegen immer gut vorbereitet in die Ausschüsse.»