Madrid (dpa) - Bei der diesjährigen Spanien-Rundfahrt geht es nicht so sehr um Sieg und Niederlage, sondern vor allem um die Zukunft des Profi-Radsports überhaupt.
Die Vuelta, die am 26. August mit einem Prolog in Málaga beginnt, soll die von Dopingskandalen gebeutelte Sportart rehabilitieren. «Die Rundfahrt ist der letzte Rettungsanker», schreibt das spanische Sportblatt «Marca». «Der Radsport kämpft um sein Überleben.»
Der Verdacht wird bei dem Rennen über 20 Etappen und 3213 Kilometer stets mitfahren. Denn zuletzt waren bei allen drei großen Landesrundfahrten die Gewinner später massiv in Dopingverdacht geraten. Es begann vor einem Jahr mit dem Vuelta-Sieger Roberto Heras, dem der Titel später wegen Dopings aberkannt wurde. Dann folgten der Gewinner des Giro d'Italia, Ivan Basso, und der Tour-de-France-Sieger Floyd Landis. In der Zwischenzeit flog in Spanien auch noch der große Skandal um den mutmaßlichen Dopingarzt Eufemiano Fuentes auf, bei dem Jan Ullrich viele andere Profis in Dopingverdacht gerieten.
Die Vuelta bietet dem Profi-Radsport die vielleicht letzte Chance, verlorenen Kredit zurückzugewinnen. «Sie soll der Kilometer Null beim Neuanfang sein», sagt der Vuelta-Direktor Víctor Cordero. Die Verantwortlichen ließen sich dazu einiges einfallen. Sie gewannen Antonio Banderas für einen Werbespot. Immerhin beginnt die Rundfahrt im Geburtsort des Hollywoodstars. Zudem nahmen die Organisatoren Anleihen bei der Formel 1. Auf jeder Etappe bekommt je ein Fahrer für Live-Aufnahmen eine Minikamera unter den Sattel geklemmt.
Das Teilnehmerfeld ist so stark wie seit Jahren nicht mehr. «Es gehen die derzeit besten Fahrer an den Start mit Ausnahme der unter Dopingverdacht stehenden Profis wie Ullrich, Basso, Oscar Sevilla oder Francisco Mancebo», schreibt «El Mundo Deportivo». Zu den großen Favoriten gehört neben dem Russen Denis Mentschow, der nach der Disqualifikation von Heras zum Vuelta-Sieger 2005 erklärt worden war, vor allem der Spanier Alejandro Valverde. Die «Nummer 1» der ProTour-Gesamtwertung war bei der Tour de France nach einem Sturz frühzeitig ausgeschieden.
Valverde fährt im Team von Caisse d'Epargne/Illes Balears zusammen mit Oscar Pereiro, der bei einer Bestätigung des Dopingverdachts gegen Landis nachträglich zum Sieger der Tour 2006 erklärt werden dürfte. «Wer von uns das Team anführt, entscheidet sich im Verlauf der Vuelta», berichtet Pereiro. «Valverde ist aber viel frischer als ich, denn ich konnte seit der Tour keine Verschnaufpause einlegen.»
Der Vuelta-Direktor traut aber auch Markus Fothen vom Gerolsteiner-Rennstall eine Außenseiterchance zu: «Der junge Deutsche war eine der großen Entdeckungen der Tour.» Das T-Mobile-Team geht mit einer relativ unbekannten Mannschaft an den Start, die vom Österreicher Bernhard Kohl angeführt wird.
Ganz fehlen wird das Team der Comunidad Valenciana. Es war wegen des Dopingverdachts gegen mehrere Fahrer nicht eingeladen worden. Der Rennstall wird, falls sich nicht kurzfristig ein Sponsor findet, ganz aufgelöst. Damit geht ein Abschnitt in der Geschichte des Radsports zu Ende. Das Team war als Nachfolger der berühmten Kelme-Gruppe der älteste Rennstall der Profi-Szene.