Hamburg (rad-net) - Mit aggressiveren Fahndungsmethoden will das IOC die Doping-Netzwerke attackieren. Durch eine neue Meldepflicht für Athleten hofft die Weltregierung des Sports, vor allem die Hintermänner der Betrüger zu entlarven. Die Sportler sollen in Zukunft jeweils zu Saisonbeginn ihr medizinisches Umfeld offenlegen und ihren jeweiligen Arzt und Physiotherapeuten benennen, die durch ein Gegenzeichnen der Erklärung ihre Zuständigkeit bestätigen. Noch müssen Experten das Konzept auf seine juristische Haltbarkeit prüfen. Verabschiedet können die geplanten Maßnahmen ohnehin nur von der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA werden, und vor den Olympischen Winterspielen im Februar 2010 in Vancouver ist damit nicht zu rechnen.
«Wir weiten die Verantwortung auch auf die Entourage der Athleten aus. Dadurch versprechen wir uns einen erhöhten Druck auf das Umfeld und eine höhere Hemmschwelle. Die Namen der Betreuer werden bei Dopingverstößen an staatliche Behörden weitergeleitet, und dann könnte es strafrechtliche oder berufsrechtliche Konsequenzen haben», erklärte Thomas Bach, Vizepräsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), am Montag der Deutschen Presse Agentur dpa.
Allerdings hat gerade die Justiz bei der strafrechtlichen Verfolgung der Strippenzieher, bei denen die Fäden zusammenlaufen, regelmäßig versagt. «An den Kern, wo es wirklich wehtut, nämlich an die Ausübung ihres Berufs, kommen wir nicht ran», gibt Bach zu, aber neben dem Entzug der Akkreditierung für Olympische Spiele oder Weltmeisterschaften habe das Bekanntwerden der Hintermänner noch einen nützlichen Nebenaspekt. «Die öffentliche Ächtung ist heutzutage wesentlich größer als in der Vergangenheit. Das ist eine Begleiterscheinung, von der wir uns einen Abschreckungseffekt versprechen», meinte Bach, gleichzeitig Vorsitzender der juristischen Kommission im IOC.
Auf jeden Fall passt die Einschüchterungstaktik zur neuen Aufklärungsoffensive des IOC, dem oft genug Halbherzigkeit im Kampf gegen den verseuchten Spitzensport vorgeworfen wurde und wird. Die Nachuntersuchungen der Pekinger Dopingproben waren eine wirkungsvolle Aktion. Die IOC-Exekutive hatte zudem im März in Denver bereits die Einführung einer schwarzen Liste beschlossen. Bei jedem positiven Fall soll festgehalten werden, welcher Athlet von wem gecoacht wird, wer der Arzt und der Manager ist. Das Netz der Indizien soll sich so immer dichter um die Verdächtigen ziehen
Mit der Athleten-Offenbarung ihrer medizinischen Betreuung will das IOC sogar noch einen Schritt weitergehen. Durch ihre Unterschrift könnten skrupellose Ärzte oder Masseure leichter dingfest gemacht werden. «Doping ist längst so hochwissenschaftlich, dass es für einen einzelnen Athleten ohne wirksames Umfeld kaum machbar ist. Man bekommt bei vielen Anhörungen das Gefühl, dass die meisten Athleten mehr Opfer als Täter sind», sagte Bach, «bei den Sanktionen wird der Athlet dann als schwächstes Glied in der Kette oft als einziger bestraft. Und das ist nicht hinnehmbar. Deshalb sollten diese Hintermänner dann wie der Athlet ohne einen gesonderten Nachweis von Schuld suspendiert werden.» Auf ihrer nächsten Sitzung am 13. und 14. August in Berlin will sich die IOC-Exekutive intensiv mit diesem Thema beschäftigen.