Paris (rad-net) - Eddy Merckx hat eine vernichtende Bewertung der Strategie von Jumbo-Visma bei der Tour de France abgegeben und argumentiert, dass sich das Team, die Niederlage von Primož Roglič größtenteils nur sich selbst zuschreiben muss.
Im Gespräch mit der französischen Sport-Tageszeitung «L'Equipe» sagte der fünffache Tour-Sieger, dass Jumbo-Visma mit dem Feuer gespielt habe, indem man dem späteren Gesamtsieger Tadej Pogačar (UAE-Team Emirates) erlaubt habe, so spät im Rennen noch so nah an der Spitze der Gesamtwertung zu bleiben. Schließlich nutzte der junge Slowene beim Zeitfahren die Planche des Belles Filles hinauf seine allerletzte Chance, ins Gelbe Trikot zu fahren. Pogačar war vor dem dramatischen Zeitfahren nur 57 Sekunden hinter Roglič.
Auf die Frage von «L'Equipe», ob er überrascht sei, wie sich die Dinge in den Vogesen knapp 24 Stunden vor dem Rennen in Paris entwickelt hätten, antwortete Merckx: «Überhaupt nicht. Fragen Sie meine Frau und die Menschen, denen ich nahe stehe. Ich habe tagelang gesagt, dass Rogličs 50 Sekunden nicht ausreichten, um sicher zu sein, dass er gewinnt. Ich habe Pogačar kommen sehen, und ich hatte gesagt, die einzige Lösung, die er hatte, war, auf das Zeitfahren zu warten, weil ihm die Zeit in die Hände spielte. Er war viel frischer als Roglič. Das konnten wir in den letzten Tagen sehen. Er wusste, dass er nicht angreifen musste, weil Jumbo stärker war. Er musste nur bis kurz vor dem Zeitfahren unter dem Radar fliegen.»
Merckx sei der Meinung, dass Jumbo-Visma «vor allem dumm gefahren war. In den letzten drei Wochen haben sie keine Angriffe zugelassen, aber sie vergaßen diesen jungen Burschen, der nur 50 Sekunden [57 Sekunden, Anm. d. Red.] zurück lag. Was für ein Fehler!»
«Sie haben sich in ihrer eigenen Schlinge verfangen», sagte Merckx, der obendrein der Meinung ist, dass Jumbo-Visma einfach weiter gefahren sei und dabei der Niederlage bereits ins Gesicht geblickt habe. «Es war klar, dass Pogačar sie nicht angreifen würde, er konnte sie nicht in den Bergen abhängen. Aber sie hätten versuchen sollen, ihn viel früher abzuhängen, damit sie einen größeren Abstand herausholen können.»