Faenza (dpa) - Der Sekunden-Poker an der Spitze des 92. Giro d'Italia wird fortgesetzt. Der 29-jährige Russe Denis Mentschow, schon zweimal Gewinner der Spanien-Rundfahrt, geht mit 34 Sekunden Vorsprung vor Danilo di Luca aus Italien in die letzte Giro-Woche. Nach der 15. Etappe, die in Faenza Leonardo Bertagnoli (Italien) als «Überlebender» einer ursprünglich 16 Fahrer starken Ausreißer-Gruppe im Alleingang gewann, liegt Levi Leipheimer (USA) weiter mit 43 Sekunden Rückstand auf Mentschow auf dem dritten Rang des Gesamtklassements.Die lange erwartete Attacke des bisher enttäuschenden Ivan Basso am letzten Anstieg verpuffte - auf der Abfahrt schlossen die Favoriten 13 Kilometer vor dem Ziel wieder auf. Bertagnoli hatte Glück mit seiner Attacke genau wie am Vortag der Tagessieger Simons Gerrans aus Australien, der die 14. Etappe in Bologna ebenfalls als Solist gewonnen hatte. Der Italiener hatte sich bereits am ersten von insgesamt sechs Anstiegen der nur 161 Kilometer langen Etappe abgesetzt und am Ende die größten Reserven.
Die 16. Etappe gilt mit der Erklimmung des Monte Petrano als «Königsetappe». Basso hatte zwar für Montag einen Großangriff auf das Rosa Trikot angekündigt, «übte» aber offensichtlich schon ein wenig auf dem Weg nach Faenza. Allerdings bleibt zweifelhaft, ob der im vergangenen Oktober aus der Doping-Sperre zurückgekehrte Armstrong-Freund mit weiter über drei Minuten Rückstand auf das Rosa Trikot wirklich noch Chancen hat, in den Dreikampf Mentschow-di Luca-Leipheimer einzugreifen.
Lance Armstrong, der beim letzten Anstieg wieder Zeit auf die Besten verlor, setzt seine Konfrontation mit der Presse beim Jubiläums-Giro fort. Der prominente Rückkehrer hält sich weiter an sein Schweige-Gelübde, weil er sauer ist, dass er seiner Meinung nach von den Medien zum Rädelsführer des Bummelstreiks am vergangenen Sonntag gemacht worden war. Ein gewisser Frust mag dabei auch eine Rolle spielen, weil es beim siebenfachen Toursieger bisher bei seiner Giro-Premiere nicht so voranging wie von ihm erhofft.
Zwar deutet seine Formkurve nach oben, aber die Fortschritte - Armstrong hatte sich besonders beim Zeitfahren mehr vorgenommen - gehen dem ehrgeizigen Texaner wahrscheinlich nicht schnell genug. Am Samstag gab er sogar den «Wasserträger» und versorgte seine Team-Kollegen 15 Kilometer vor dem Ziel mit Getränken. «Eigentlich wollte er nur eine Cola für sich. Aber ich habe ihm gesagt, auch für die anderen etwas mitzunehmen. Er stellte sich dabei etwas ungeübt an», berichtete sein Teamchef und jahrelanger Mentor Johan Bruyneel.
Nach der 14. Etappe hatte er sich mit der Witwe seines ehemaligen Team-Kollegen Fabio Casartelli und dessen 14-jährigem Sohn Marco getroffen. Casartelli war bei seiner Tour-Premiere 1995 bei einer Abfahrt in den Pyrenäen bei einem Sturz tödlich verunglückt.
Am Sonntag stieg mit dem ehemaligen Zeitfahr-Weltmeister David Millar nach dem dreifachen britischen Etappengewinner Mark Cavendish (Samstag) weitere Prominenz vorzeitig vom Rad.