Sölden (dpa) - Das Gerolsteiner-Team dominierte die Königsetappe der Deutschland-Tour in Österreich. Der Amerikaner Levi Leipheimer, Sechster der Tour de France, feierte nach 171,6 Kilometern auf dem 2670 Meter hohen Rettenbachferner einen eindrucksvollen Solosieg.
Der Österreicher Georg Totschnig verpasste den Heimsieg und eine Wiederholung seines Tour-de-France-Triumphs von Ax-3-Domaines. Aber Platz zwei, 15 Sekunden hinter seinem Teamkollegen Leipheimer, war auch ein Beweis herausragender Stärke.
Ein starker Jan Ullrich war neben den beiden «Gerolsteinern» der dritte Sieger der 4. Etappe. Weil ihm im Zeitfahren am 22. August über 31,1 Kilometer in Weinheim am meisten zugetraut werden kann, kann der T-Mobile-Kapitän, der 50 Sekunden auf Leipheimer verlor, weiter auf seinen ersten Gesamtsieg bei der Deutschland-Tour hoffen. Die 4. Etappe von Kufstein nach Sölden war im Finale ein unbarmherziges Ausscheidungsrennen, dem erwartungsgemäß auch der Niederländer Bram Tankink, seit Plauen in Gelb, zum Opfer fiel. Neuer Spitzenreiter ist Leipheimer, der jetzt im Gesamtklassement 59 Sekunden vor dem drittplatzierten Ullrich liegt. Totschnig ist Zweiter. Ullrichs Teamkollege Alexander Winokurow musste das Rennen aufgeben.
Auf der ersten der beiden größten Steigungen der Königsetappe hatte Markus Fothen vom Team Gerolsteiner auf dem Kühtai-Sattel 62 Kilometer vor dem Ziel die Vorbereitung auf den Triumph seiner Mannschaft mit einer Attacke eingeleitet. Zehn Fahrer, unter ihnen Ullrich, Patrik Sinkewitz, Jörg Jaksche und Totschnig, nahmen die letzten zehn Kilometer in Angriff. Vorjahressieger Sinkewitz fiel als erster ab. Dann attackierte Ullrich, stellte seine Bemühungern aber bald wieder ein, als er merkte, dass er nicht weg kam. Als nächster musste der höher eingeschätzte Jaksche passen. Drei Kilomter vor dem Ziel war es dann auch um Ullrich geschehen, der aber verbissen um jede Sekunde weiter kämpfte.
«Ich hätte nicht damit gerechnet, unter die ersten Drei zu kommen. Ich konnte wegen meiner Erkältung im Vorfeld der Deutschland-Tour fünf Tage nicht trainieren und war heute über meine Leistung überrascht. Vielleicht kann ich noch einmal regenerieren, aber Leipheimer ist natürlich auch ein starker Zeitfahrer», sagte Ullrich. Hans-Michael Holczer, Manager des Team Gerolsteiner, stapelte tief: «Ullrich bleibt durch seine Zeitfahr-Stärke ganz klar der Favorit für die Deutschland-Tour.»
Leipheimer schien sein Sieg über seinen Team-Kollegen Totschnig etwas peinlich gewesen zu sein: «Ich fühle mich ein bisschen schuldig, dass er vor eigenem Publikum nicht gewinnen konnte. Aber ich fühlte mich stark und mir ging es um jede Sekunde gegen Ullrich für das Zeitfahren. Ich weiß nicht, ob es reichen wird - Jan bleibt Favorit. 59 Sekunden sind nicht viel.»
Unterhalb des über 3000 Meter hohen Gletschers, auf dem auch im Sommer Ski gelaufen werden kann, lag das Ziel der Königsetappe auf 2670 Meter in gleißendem Sonnenschein. Das ist Höhen-Rekord im gesamten ProTour-Bereich, einschließlich der Tour de France. Auch die Steilheit der Strecke sucht ihresgleichen. Auf den letzten 14,7 Kilometern Richtung Gletscher wiesen einige Passagen über 15 Prozent auf. Der finale Anstieg auf den Rettenbachferner steht in einer Reihe mit den gefürchtetsten Steigungen im Radsport, dem Angliru in Spanien und den Drei Zinnen in den italienischen Dolomiten.