(EG - rad-net) Der Kanadier Roland Green konnte seinen Titel im WM-Rennen der Herren in Kaprun verteidigen. Er holte sich nach 33,6 Kilometern in 2:19:02 Stunden die Goldmedaille, nachdem er sich in der letzten von viereinhalb Runden entscheidend von Filip Meirhaeghe absetzen konnte. Der Belgier gewann mit 19 Sekunden Rückstand Silber.
Bronze ging an die Schweizer „Bikelegende“ Thomas Frischknecht (1:45 Minuten zurück). Mit einer starken Leistung fuhr der vermeintliche "Schönwetterfahrer" Lado Fumic auf einen hervorragenden vierten Platz.
Das WM-Rennen von Kaprun vor 11 000 Zuschauern wird wohl in die Geschichte des Cross-Country-Sports eingehen als eines der härtesten und packendsten, die es jemals gegeben hat. Dauer-Regen machte aus der sowieso schon konditionell überaus anspruchsvollen Strecke am Lechnerberg und Guggenbichl ein Schlammbad, das den Bikern wirklich alles aus ihren Körpern herauspresste, was irgendwie Energie produzieren konnte. Die Bilder, die über die Videoleinwand flimmerten, waren eine grandiose Präsentation des Sports.
Schnell kristallisierten sich die späteren Medaillengewinner als Führungstrio heraus. Lado Fumic (Kirchheim/T.) folgte hinter dem Kanadier Seamus McGrath als Fünfter. „Ich wollte zu diesem Zeitpunkt nicht mitfahren. Mein Plan war ein anderer“, antwortete Fumic auf die Frage, ob er nicht hätte folgen wollen. Der Plan war, die wilden Attacken an der Spitze aus der Distanz zu beobachten und in der letzten Runde aufzudrehen. Als es in die fünfte Runde ging, hatte Fumic auf Thomas Frischknecht einen Abstand von 2:26 Minuten. Das Unternehmen Angriff auf die Bronzemedaille fiel aber einer verbogenen Kette zum Opfer. „Ich musste mich mit damit rumplagen und konnte nur noch schauen, den Schweizer Kalberer auf Distanz zu halten“. Mit dem besten WM-Resultat, das jemals ein deutscher Biker erzielte, war der Profibiker vom Team T-Mobile dennoch zufrieden. „Klar habe ich auf eine Medaille gehofft, aber ich habe den vierten Platz gewonnen. Es waren nicht meine Bedingungen, aber jeder, der hier ins Ziel kommt, hat gewonnen“, meinte Fumic. Dass er kein Trübsal bließ, bewies der Vize-Europameister mit einer kleinen Einlage auf der Zielgerade. Er stieg von seinem Bike, badete kurz in einer riesengroßen Pfütze und fuhr dann jubelnd über die Ziellinie. Bundestrainer Frank Brückner bescheinigte Fumic eine „außergewöhnliche Leistung“.
An der Spitze hatte zuerst Thomas Frischknecht („ich musste irgendwann mit meinen Kräften haushalten“) Federn gelassen. Green und Meirhaeghe beharkten sich in einem mitreißenden Zweikampf, den Green aufgrund seiner Stärken am Berg für sich entschied. „Ich bin so glücklich, hier in Europa bei solch harten Bedingungen gewonnen zu haben“, streckte der alte und neue Weltmeister die Faust in den regenverhangenen Himmel.
Meirhaeghe, der in den Down-Hills der schnellere war, verlor das Rennen an den steilen Anstiegen. Irgendwann kam er in den Down-Hills nicht mehr heran und Green war weg.
Im Schatten seines Teamkollegen Lado Fumic, fuhr auch Carsten Bresser ein starkes Rennen. Seine Taktik schien aufzugehen. Der Neurieder setzte sich zwischen Rang 10 und 14 fest und wollte von dieser Position aus noch die Top-Ten attackieren. Leider machte auch ihm ein technischer Defekt einen Strich durch die Rechnung. „Die letzten beiden Runden konnte ich hinten nur noch auf dem größten Blatt fahren und deshalb auf der Ebene kein Tempo machen, das war eine Qual“, erklärte Bresser. Dieses Handicap war auf Dauer nicht zu kompensieren. „Ich hatte sehr gute Beine und die Top-Ten wären drin gewesen“, bedauerte er. Er war am Schluss froh als 16. mit 13:22 Minuten Rückstand überhaupt ins Ziel gekommen zu sein. „Mich freut es für Carsten, dass er seine Ergebnisse vom Weltcup verbessern konnte“, zollte Brückner trotzdem Anerkennung.
Dieses Glück war Stefan Sahm vom Team T-Mobile nicht vergönnt. Der Mössinger erwischte einen guten Tag. Nach einer langsamen Startphase arbeitete er sich von Rang 40 über bis an die 20. Stelle nach vorne. Dann schrammte er bei einem harmlosen Sturz an einer Felskante vorbei. Er setzte das Rennen fort und bemerkte erst Minuten später, dass er eine stark blutende Wunde an der Wade hatte, die eine Weiterfahrt unsinnig machte. „Ich war so gut drauf“, verbarg er sein Gesicht vor Enttäuschung in seinen Händen, „ich bin mit allen Streckenteilen prima zurecht gekommen“.
Die anderen deutschen Teilnehmer erwischten nicht ihren besten Tag und hatten zum Teil mit Materialproblemen zu kämpfen. Torsten Marx (Hechingen) ließ sich von einem Sturz aus dem Konzept bringen und fiel von einer guten Position unter den besten 20 auf Rang 58 (30:07 Minuten zurück). Andreas Dilger (Freiburg) hatte einen ganz schlechten Start, kam dann aber immer besser in die Gänge. Er wurde als 45. (23:27
zurück) notiert. Karl Platt (Ludwigshafen) erwischte einen rabenschwarzen Tag und wurde enttäuschender 52. mit 26:23 Minuten Rückstand.
Erhard Goller