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Tony Martin wünscht sich im Radsport wieder mehr Normalität. Foto: Kurt U. Heldmann
29.06.2014 09:56
Martin und Scharping wollen endlich Radsport-Normalität

Baunatal (dpa) - Verbandschef Rudolf Scharping und Weltmeister Tony Martin sind sich einig: «Die Zeit der Buße und Strafe» soll zu Ende gehen und Normalität einkehren. Die deutschen Radsportler seien erfolgreich und glaubwürdig und das müsste endlich öffentlich gewürdigt werden.

Martin ist ein bisschen verzweifelt. «Wir sind eine solide Sportart, die es verdient, gezeigt zu werden. Es gibt einen Aufwärtstrend, aber das mediale Interesse in Deutschland geht zurück - das ist extrem schade», sagte der viermalige deutsche Zeitfahrmeister mit Blick auf den weiteren Verzicht der öffentlich-rechtlichen TV-Anstalten, live von der in sechs Tagen beginnenden Tour de France zu berichten. «Was sollen wir Profis denn noch tun?», fragt Martin. Sein Sport sei nach der dunklen Armstrong-Zeit «realistischer und offener» geworden.

Der deutsche Verbandspräsident Rudolf Scharping stimmte dem dreimaligen Weltmeister zu und machte gleichzeitig Hoffnung, dass der TV-Bann 2015 gebrochen sein könnte: «Die Zeit der Strafe und Buße sollte zu Ende gehen». Im September wollen sich ARD und ZDF erklären, ob sie in die seit 2009 wegen der Doping-Affären der Branche unterbrochene Live-Berichterstattung zurückkehren. Das Problem stecke dem Radsport laut Scharping «noch ein bisschen in den Kleidern», aber die neue Generation der deutschen Profis präsentiere sich schon seit einiger Zeit «erfolgreich und glaubwürdig».

Der ehemalige Verteidigungsminister erwartet von den deutschen Top-Profis ab kommenden Samstag eine Bestätigung dieser Tugenden. Die Latte liegt hoch mit sechs Tour-Etappensiegen im Vorjahr und Marcel Kittels Tag in Gelb. Martin will seinen Beitrag zur neuen Tour-Erfolgsgeschichte der Lizenzträger des Bundes Deutscher Radfahrer leisten, obwohl er sich bei dieser Tour «in erster Linie in der Helferrolle» für den schnellen Mark Cavendish und den Klassementfahrer Michal Kwiatkowski sieht.

Eigene Ambitionen muss der 29 Jahre alte Wahlschweizer, dessen Vertrag beim belgischen Omega Pharma-Quickstep-Rennstall ausläuft, lange zurückhalten: Das einzige Zeitfahren findet erst auf der vorletzten Etappe in Périgueux statt. Da peilt er seinen dritten Etappensieg an und hofft bis dahin besser über die Runden gekommen zu sein, als in den Tourausgaben 2012 und 2013. In beiden Jahren hatte er die Rundfahrt mit schweren Stürzen begonnen. «Hoffentlich lege ich mich in der ersten Etappe nicht wieder auf den Pinsel», sagte Martin.

Er stehe «mit diversen Teams» in Verhandlungen, in den «nächsten Wochen» will er den neuen Dreijahresvertrag in den Händen haben. Gesucht wird ein «glaubhaftes, solides Team mit klarer sportlicher Ausrichtung», sagte der Olympia-Zweite, für den die Spiele 2016 in Rio die große Motivation der kommenden Jahre sein werden. Martin wollte nicht ins Detail gehen, aber es gebe bei der Arbeitsplatzsuche «einige Teams - die gehen vom Image her gar nicht».

Bei einem Wechsel - auch ein Verbleib bei Omega Pharma-Quickstep ist möglich - gelten die britische Sky-Formation um Toursieger Chris Froome und die US-Equipe Garmin als mögliche Favoriten. Billig würde der Neueinkauf mit Wohnsitz in der Schweiz sicher nicht werden. Der Handelswert des Lausitzers, der bei den nationalen Titelkämpfen in Baunatal von seiner gesamten Familie (einschließlich Oma) begleitet wurde, wird auf jährlich knapp zwei Millionen Euro geschätzt. Zudem könnte es Martin nur «im Paket» zusammen mit einem Betreuerstab um Rolf Aldag und Teamarzt Helge Riepenhof geben.

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