Krefeld (dpa) - Auch mit 75 Jahren ist er überall nur der «Hennes» und meist mit dem Rad unterwegs. Hans Junkermann, der am 6. Mai seinen 75. Geburtstag feiert, legt auch als Hobbyradler noch immer ein stolzes Pensum zurück: «Rund 25 000 Kilometer pro Jahr, etwa 500 die Woche.»
«Aber nur noch für die Gesundheit», ergänzt der der drahtige Jubilar, der aufgrund seiner Radausfahrten tagsüber telefonisch nur schwer zu erreichen ist - wie zu Profizeiten. «Ich bin gesund und zufrieden», beschrieb der deutsche Spitzen-Profi der 60er Jahre seine Gemütslage zum Ehrentag, den er im Kreis seiner Familie verbringt.
«Die runden Geburtstage feiere ich immer ein bisschen größer, aber diesmal wird's ruhiger», sagte Junkermann, der in seinen 18 Profijahren zwischen 1956 und 1973 zweimal die Tour de Suisse gewann, das Championat von Zürich, an der Seite seines Freundes Rudi Altig neun Sechstagerennen und 1960 bei der Tour de France auf dem Sprung ganz nach vorne stand. Mangelnde Unterstützung der deutschen Nationalmannschaft ließ für den Bergspezialisten in Paris «nur» Platz vier zu. Zwei Jahre später war er genauso nahe dran, der erste deutsche Toursieger zu werden. Der Schweizer Ferdy Kübler hatte eine Kiste Champagner auf Junkermanns Sieg gewettet.
Aber in den Pyrenäen war Schluss mit lustig. «In unserem Quartier in Luchon hatten sie in der Küche bei unserem Essen manipuliert. Ich verbrachte die ganze Nacht auf der Toilette und wäre fast draufgegangen - das war keine Fischvergiftung, wie es immer hieß. 40 Fahrer und Betreuer auch von anderen Teams wurden krank. Das Rennen war zu Ende für mich», erzählte Junkermann, der 1954 ungewöhnlichen Verlockungen widerstand, DDR-Bürger zu werden: «Die wollten mich als Amateur unbedingt haben und boten mir viel Geld. Zweimal sprachen DDR-Funktionäre bei meinen Eltern vor. Aber ich wollte unbedingt Profi werden und blieb im Westen.»
Der glückliche Rentner aus Sankt Tönis/Krefeld, der als Trainer von Olympia Dortmund den späteren Profis Erik Zabel gleich nach dem Mauerfall, Bernd Gröne, Rolf Aldag und Udo Bölts den Weg ebnete, ist sicher, dass sein geliebter Radsport weiterleben wird - der Doping-Krise zum Trotz. «Mich ärgert vor allem die Ungerechtigkeit, dass es immer nur gegen den Radsport geht. In anderen Sportarten wird doch genauso gedopt. Bei dieser Fuentes-Affäre in Spanien haben sie 200 Blutbeutel gefunden, aber nur 50 Namen von Rad-Profis genannt. Warum klagt denn niemand die anderen Sportler an?», fragte Junkermann, der allerdings auch zugibt, dass ihm manchmal «angst und bange wird, wenn ich so höre, was manche Fahrer bei der Tour so machen».
Den heutigen Spitzenfahrern neidet Junkermann das unvergleichlich höhere Einkommen nicht. «Altig, Wolfshohl und ich sind eben zu früh geboren. Mit unserer Klasse hätten wir heute auch ganz vorne mitfahren können. Aber ich bin zufrieden, mir geht es doch gut», sagt der 75-Jährige, der vor sechs Jahren eine Prostata-Operation überstand und schon zwei Monate nach dem fünfwöchigen Krankenhaus- Aufenthalt wieder auf dem Rad saß.