Varese (dpa) - Jens Voigt hat beim Giro d'Italia eine gelungene WM-Generalprobe gefeiert. Der aus Mecklenburg stammende Radprofi aus Berlin hat in der für ihn typischen Art und Weise in Varese einen Etappenerfolg geholt - genau dort, wo in vier Monaten die Weltmeisterschaft stattfindet.
100 Kilometer lang hatte Voigt in einer zwölfköpfigen Ausreißergruppe vor dem Feld Tempo gemacht. 36 Kilometer vor dem Ziel war er aus dieser Gruppe ausgeschert und hatte im Wettkampf «Einer gegen Elf» auf dem WM-Kurs in Varese die besten Beine. Damit komplettierte er einen Tag nach dem überraschenden Sprintsieg des Rostockers André Greipel die norddeutschen Tage in Italien.
«Ich habe ein sehr gutes Zeitfahren hingelegt», sagte Voigt nach dem Zieleinlauf. «Aber das war auch meine einzige Chance. In der Gruppe waren Klasseleute wie Paolo Bettini, Giovanni Visconti oder die Etappensieger Daniele Bennati und Gabriele Bosisio vertreten. Da habe ich gedacht: Du bist der Schwächste von allen und kommst gerade mal auf Platz 12». Also hatte Voigt die Entscheidung schon früh gesucht. Für seine CSC-Betreuer zu früh.
Der sportliche Leiter Kim Andersen hatte ihn aus dem Begleitwagen deswegen gescholten. Voigt, der beim Giro von Tag zu Tag besser wird, zog aber durch. Bosisio begriff schon bei einem Rückstand von 20 Sekunden, «dass wir den Deutschen nicht mehr einholen». Für Verwirrung in der Spitzengruppe sorgte, dass Bosisio verstanden hatte, Voigt fühle sich nicht gut. Der 36-Jährige hatte dem jungen Italiener aber nur zu verstehen geben wollen, dass er sich als schlechtesten Fahrer der Gruppe einschätze.
Voigt hatte schon in den Dolomiten in Ausreißergruppen seine Chance auf einen Etappensieg gesucht. Da hatte jedoch der neue italienische «Kletter-König» Emanuele Sella die Konkurrenz in Grund und Boden gefahren. «Ich war sehr erleichtert, als ich bemerkt habe, dass Sella diesmal nicht dabei war», gestand Voigt nach seinem Coup.
Der fünffache Familienvater ist in dieser Saison vergleichsweise spät in Schwung gekommen: «Mir fehlte wegen der komplizierten Geburt meiner Tochter Maya ein Monat Training im Winter». Selbst ins obligatorische Trainingslager von CSC ist Voigt deshalb nicht gefahren. In Richtung Saisonziel Tour de France steigt seine Formkurve nun aber beträchtlich. Für die WM fühlt sich Voigt trotz seiner Gala auf diesem Kurs aber nicht als Favorit: «Die ganz langen Rennen liegen mir nicht. Dazu sitze ich zu unruhig auf dem Rad, verbrauche zu viel Energie».
Bei seiner Alleinfahrt auf den beiden Schlussrunden durch Varese hatte Voigt auch Ausschau nach seinem Ex-Teamgefährten Ivan Basso gehalten. «Er wohnt hier und aus den Augenwinkeln habe ich geguckt, ob ich ihn sehe». Aber er hat den Teilgeständigen, dessen Doping- Sperre im September ausläuft und der vom Weltverband zum «WM- Botschafter» ernannt wurde, nicht erblickt.