Cottbus (dpa) - Der frühere Radprofi Jörg Jaksche geht davon aus, dass die am 4. Juli beginnende Tour de France einen gedopten Gesamtsieger bekommen wird.
Auf die Frage, ob der Tour-Gewinner 2009 ein Betrüger, ein Gedopter sein werde, sagte Jaksche in einem Interview dem «Tagesspiegel am Sonntag»: «Ja. Und das Gesetz der Serie sagt uns, das wird noch lange so bleiben.» Der extreme Ausdauersport sei dopingaffin. «Ich habe es selbst erlebt: Doping bringt einfach zu viel.»
In der Neuen Zürcher Zeitung erneuerte Ex-Profi Bernhard Kohl seine Vorwürfe an die Profi-Elite. «Ein paar Fahrer, die sauber sind, wird es geben. Mag schon sein. Aber es sind wohl nicht viele», sagte der überführte und geständige Doper aus Österreich, der nur zu Beginn seiner Profi-Karriere im niederländischen Rababank-Nachwuchs-Team «sauber» geblieben sei.
Es seien «immer noch dieselben Heuchler am Werk, die sagen: Oh, ich habe von Doping nichts mitbekommen. Aber das ist gelogen», sagte der in Kitzbühel und Lucca in Italien lebende Jaksche, der nach seinen umfangreichen Aussagen auch vor dem Bundeskriminalamt («zweimal zehn Stunden») keinen Job mehr im Profiradsport bekam, obwohl es nach seinen Worten ein Handschlag-Übereinkommen mit Milram gegeben hätte.
Sein ehemaliger Fahrer-Kollege Sebastian Lang, der trotz seines Sturzes bei der Dauphiné Libéré ins Tour-Team des Mitfavoriten Cadel Evans rutschte, sieht die pauschalen Jaksche-Vorwürfe differenziert. Der Silence-Lotto-Profi fühlt sich besonders von dem überführten und geständigen Bernhard Kohl hinters Licht geführt, der an Langs Seite im Vorjahr im Team Gerolsteiner «Bergkönig» bei der Tour und in der Endabrechnung Dritter geworden war.
«Ich habe auch den Glauben verloren nachdem, was ich 2008 erlebte. Ich habe mir für Kohl drei Wochen den Arsch aufgerissen, um hinterher zu erfahren, was da so lief. Auf so ein Doppelleben habe ich keine Lust. Aber Spekulationen nützen nichts. Jaksche, der sich sicher auch profilieren will, sollte uns nicht alle über einen Kamm scheren. Es gibt im Fahrerfeld sicher genug, denen man vertrauen kann», sagte der Zeitfahr-Spezialist Lang, der in Cottbus im Kampf gegen die Uhr bei den nationalen Titelkämpfen auf Rang fünf landete.
Ansonsten verursacht der Name des Doping-Kronzeugen Jaksche im Fahrerfeld unter ehemaligen Kollegen normalerweise Kopfschütteln. «Wer ist Jörg Jaksche?», fragte Milram-Profi Markus Fothen nicht ganz ernst gemeint, als er auf die Aussagen des Ansbachers angesprochen wurde. So reagierten die meisten bei den Meisterschaften in Cottbus. Auch Lang nannte Jaksche verächtlich «Fachmann», der durch Doping einst sein Geld verdient hätte und jetzt mit Geständnissen und Erkenntnissen hausieren gehe.
Fothen und andere ehemalige Gerolsteiner-Profis aus der Tour-Mannschaft 2008 wollen versuchen, ihre nach den positiven Dopingfällen Kohl und Stefan Schumacher zurückgehaltenen Prämien einzuklagen, auch wenn sie die Erfolgsaussichten als eher gering beurteilen. «Es geht um knapp 170 000 Euro, die der Tour-Organisator zurückhält», sagte Fothen.