Wiesbaden (dpa) - Den Abend nach seinem Geständnis verbrachte Jörg Jaksche mit italienischen Freunden. Die Radsport-Karriere des 30-jährigen Arztsohnes aus Ansbach, der seit sieben Jahren in Kitzbühel lebt und in Österreich lizenziert ist, soll weitergehen.
Jaksche hofft auf die Kronzeugen-Regelung und die Halbierung der zu erwartenden Sperre auf lediglich ein Jahr. Der gewitzte Profi mit Überblick, zehn Jahre im Metier bei Polti, Once, Telekom, CSC, Liberty Seguros und im russisch-italienischen Tinkoff-Team, von dem er sich nun löste, profitierte von einem bemerkenswerten Kreislauf. Er gab zu, zehn Jahr fast durchgehend mit den einschlägigen Präparaten gedopt zu haben, um Erfolg, auch finanziellen, zu erzielen. Der Radprofi Jaksche verdiente gutes Geld, zuletzt bei CSC und Liberty 500 000 Euro im Jahr. Das Geständnis mit den detaillierten Beschreibungen der illegalen Praktiken half wiederum, den versiegenden Geldfluss zu stoppen.
Mit seinem «Spiegel»-Honorar könnte Jaksche seine Sperre finanziell überbrücken. Vorausgesetzt, er erhält einen Straf-Rabatt und findet wieder ein Team, könnte er 2008 wieder durch seine eigentliche Profession Geld verdienen. Die umstrittene Jaksche-Methode verwirrte seinen Profi-Kollege Daniel Becke aus Erfurt: «Wenn er sein Geständnis in klingende Münze umwandelt, ist das fragwürdig. Ich bin für ein Sportgesetz gegen Doping, das auch strafrechtliche Konsequenzen haben könnte.» Jaksche rechtfertigte sich: «Bei Beibehaltung der früheren Situation hätte ich jetzt mehr Geld. Meine Aussagen waren in erster Linie eine Reaktion auf die Scheinheiligkeit der Branche.»
Die Rückkehr ins Peloton könnte für Jaksche schwierig werden, weil er vielen Kollegen, die sich nach seiner Beichte als Mittäter fühlen müssen, als Nestbeschmutzer gelten könnte. «Ich weiß nicht, wie er aufgenommen werden würde», sagte Fahrer-Sprecher Jens Voigt am Rand der deutschen Meisterschaft in Wiesbaden. Der Berliner bekam im Vorjahr bei der Tour eisigen Gegenwind der Kollegen zu spüren, als er nach der Suspendierung seine Team-Kollegen Ivan Basso martialisch gefordert hatte: «Alle Doper auf den Scheiterhaufen».