Berlin/Kitzbühel (dpa) - Der Doping-Kronzeuge Jörg Jaksche rechnet durch Aussagen der früheren Telekom- und T-Mobile-Teamärzte mit weiteren Enthüllungen.
«Wenn es in den Gerichts-Verhandlungen um deren Kopf geht, werden sie schnell merken, dass es günstiger ist auszusagen und dabei auch Namen zu nennen. Es ist bei ihnen so, wie es bei mir war: Keiner will mehr etwas mit dir zu tun haben», sagte Jaksche der Deutschen Presse-Agentur dpa.
Gegen die Mediziner Lothar Heinrich und Andreas Schmid, die öffentlich gestanden haben, Fahrern Doping verabreicht zu haben, ermittelt die Staatsanwaltschaft Freiburg. Zudem hat der ehemalige Team-Telekom- Betreuer Jef D'hont weitere Doping-Enthüllungen über Jan Ullrich und Ex-Manager Walter Godefroot angekündigt sowie die Verharmlosungs-Taktik des verdächtigten Andreas Klöden («nur Vitamine») in Zweifel gezogen.
In seinem zweiten, im November erscheinenden Buch werde viel über Ullrich stehen, sagte der Belgier in einem Interview mit der «Süddeutschen Zeitung». «Ich verstehe ihn einfach nicht - weshalb er nicht wie andere Telekom-Fahrer erzählt hat, wie es wirklich war», meinte der 66-Jährige, der von 1992 bis 1996 Masseur beim Bonner Vorzeige-Radrennstall war. «Jeder hat doch gedopt, sogar Erik Zabel und Udo Bölts, obwohl beide beim Dopen wirklich nicht übertrieben haben.» Ullrich, Tour-de-France-Sieger von 1997, hat Doping trotz einer Vielzahl belastender Indizien bislang nicht zugegeben.
D'hont hatte vor knapp einem Jahr in einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» und in seinem Buch «Memoiren eines Radfahrer-Betreuers» über angeblich systematisches Doping beim Team Telekom berichtet. Seine Enthüllungen waren der Auslöser für die Geständnisse von Bjarne Riis, Bert Dietz, Christian Henn, Bölts, Zabel und Rolf Aldag, dem jetzigen Teamchef des T-Mobile-Nachfolgers High Road. D'hont verfügt nach eigenen Angaben über einen Telefon- Mitschnitt eines Gesprächs mit Ullrich, in dem offensichtlich über den Gebrauch des Blut-Doping- Mittels EPO gesprochen sein soll.
Außerdem berichtete der Ex-Betreuer von einem Gespräch mit Ullrichs Intimus und Ex-Teamchef Rudy Pevenage. D'hont: «Rudy hat mich vor dem ersten Buch gebeten: 'Lass mich raus und Jan auch. Wir wollen beide selbst erzählen, was gewesen ist'. Ich habe mich daran gehalten - sie aber nicht. Es kam nichts, bis heute. Dann mach ich es halt eben jetzt.»
Klödens Reaktion auf den durch den Zwischenbericht der Doping-Kommission der Freiburger Uni-Klinik bekanntgewordenen Paket-Versand kann D'hont nicht folgen: «Für 1000 D-Mark Vitamine. Ich denke, das kann nicht stimmen. Damals waren Vitamine gratis. Niemals wurde von Fahrern dafür bezahlt - niemals.» Ex-Telekom-Profi Jaksche erhielt zu seiner Zeit im Team auch Zustellungen aus Freiburg: «Da waren nie Vitamine drin. Ich habe damals bezahlt für Doping-Lieferungen.» Astana-Profi Klöden hatte die Paketsendung im Jahr 2000 eingeräumt, aber erklärt, es habe sich - völlig legal - um Vitamine gehandelt.
Dem wahrscheinlich im November stattfindenden Prozess, den Telekom-Ex-Manager Walter Godefroot gegen seinen Landsmann D'hont angestrengt hat, sieht der auf 700 000 Euro verklagte ehemalige Betreuer gelassen entgegen. «Wer gegen die Wahrheit klagt, verliert», sagte D'hont. Bei dem Prozess, bei dem Profi Steffen Wesemann Godefroot als Kläger unterstützt, würden «Dinge herauskommen, die öffentlich noch nicht bekannt sind». D'hont hatte Godefroot beschuldigt, das «Telekom-Doping-System» vor allem finanziell geleitet zu haben. Der Beschuldigte hat das stets bestritten.
Kontakt zu den Funktionären des Radsport-Weltverbandes UCI hatte D'hont bisher noch nicht: «Ich würde sehr gerne mit diesen Leuten von der UCI sprechen - aber sie wollen das offenbar nicht». Auch mit dem Bund Deutscher Radfahrer und dessen Präsidenten Rudolf Scharping habe es noch keine direkten Kontakte gegeben.