Hamburg (dpa) - Der Doping-Fall Ivan Basso hat nicht nur in Deutschland für Aufsehen gesorgt. Auch in Italien, Spanien oder Großbritannien führt sein Teilgeständnis zu meist hämischen Schlagzeilen.
ITALIEN
«La Gazzetta dello Sport»: «Was für eine Vollbremsung. Ivan hat immer noch die Chance, alles von sich aus zu sagen, bevor er dazu gezwungen wird. Nur so kann er die Nummer eins in einem neuen Rennen werden. In einem Rennen für die Glaubwürdigkeit des Radsports.»
«La Nuova Sardegna»: «Bassos Bombe wird zum Knallfrosch.»
«Il Manifesto»: «Basso legt schnell den Rückwärtsgang ein.»
«Corriere della Sera»: «Bassos Vollbremsung. Basso, Du hast keine Wahl: Sag die Wahrheit!»
«Il Tirreno»: «Basso ist bedroht worden. Das war nicht der Anfang des Großreinemachens.»
«L'Adige»: «Basso legt den Rückwärtsgang ein.»
«La Repubblica»: «Ivan bremst vor aller Augen.»
«Trentino»: «Das Übliche: Ein Schritt vor und zwei zurück.»
SPANIEN:
«El País»: «Basso hat die Radsport-Fans enttäuscht. Statt Enthüllungen zu liefern, hielt er sich an das Drehbuch der Absprachen, die seine Anwälte mit dem italienischen NOK getroffen haben.»
«El Mundo»: «Basso erschien als der große Held, der den Mut besaß, als erster großer Radprofi Dopingvergehen zuzugeben. Keine 24 Stunden später machte er einen Rückzieher.»
«Marca»»: «Was Basso liefert, ist eine Farce. Alles deutet darauf hin, dass der Italiener sich mit dem NOK seines Landes abgesprochen hat, die Sache so zu drehen, dass er eine milde Strafe bekommt. Dies ist Pfuschwerk, und man weiß, dass auf ein Pfuschwerk das nächste folgen wird.»
«As»: «Basso sagt heute dies und morgen jenes.»
FRANKREICH
«Le Figaro»: «Zwei Schritte vor, einer zurück. Und dennoch scheint Ivan Bassos erstes Geständnis ein Tabu gebrochen zu haben und manche Fahrer wie Michele Scarponi aus der Reserve zu locken. Der Anfang einer langen Liste?»
«Libération»: «Basso im Rückwärtsgang. Schon als 'erster großer Kronzeuge' des Radsports eingestuft, wird er dieses Trikot nur einen Tag getragen haben.»
«L'Equipe»: «Basso, die Wurzeln des Übels. Er wollte die Tour gewinnen.»
BELGIEN
«Het Laaste Nieuws»: «Konnte man am Montagabend noch hoffen, dass Bassos Geständnis für den großen und lang erwarteten Durchbruch in der 'Operacion Puerto' sorgen würde, dann hat der Italiener diese Hoffnung gestern fachmännisch abgewürgt. Die Spitzengruppe hat von Basso nichts zu befürchten. In keinem Fall wird er seine Radrenn- Kollegen und Kunden von Fuentes an den Galgen liefern.»
«De Standaard»: «Eine glaubwürdige Geschichte? Oder will Basso nur einen Kahlschlag in der Liste seiner Siege verhindern? Nachträglich Doping in einem bestimmten Wettkampf zu bekennen heißt schließlich nichts anderes als eine positive Kontrolle und Disqualifizierung.»
«La Dernière heure - Les Sports»: «Montagabend wurde Ivan Basso von vielen Italienern fast als Beispiel hingestellt, als er nach einem Jahr der Lügen zugab, in die Fuentes-Affäre verwickelt zu sein - in jenes weit gespannte Netz von Blutdoping, dass im Mai 2006 mit der Operation Puerto aufflog. Aber gestern ist dieses schöne Bild zerbröselt. Denn Ivan Basso hat während einer Pressekonferenz eine Kehrtwende gemacht. Es fällt schwer, Bassos Worten zu glauben.»
SCHWEIZ
«Basler Zeitung»: «Die lauwarmen Geständnisse des Ivan Basso: Italiener räumt ein, das Blut in Fuentes Kühlschrank sei seines gewesen - aber gedopt hat er natürlich nie.»
«Neue Zürcher Zeitung»: «Oft ist nach einer Nacht alles wieder anders. Meistens gut, weil vieles vergessen. Hierin unterscheidet sich die Radsportwelt kein bisschen von allen anderen Welten. Nachdem Ivan Basso am Montag gegenüber dem Italienischen Olympischen Komitee (Coni) die Verwicklung in die Affäre um den Dopingarzt Eufemiano Fuentes und Blutdoping gestanden hatte, rückte er sich über Nacht wieder die eigene Welt zurecht.»
«Tages-Anzeiger»: «Vom Helden zum Lügner. Basso erweist sich als ein von Anwälten geführter Darsteller einer Schmierenkomödie, der nur so viel zugibt, wie er muss. Der nichts zur Aufklärung des Fuentes-Skandals beitragen will. Der lügen kann, ohne rot zu werden, so wie er das in den letzten Monaten immer getan hat. Nach dem Rezept aller ertappten Dopingsünder. Ivan Basso, der Held, wurde zu Ivan Basso, dem Lügner.»
GROSSBRITANNIEN
«The Guardian»: «Ivan Bassos Verteidigung gegen die Dopingvorwürfe folgt der Strategie des früheren US-Präsidenten Bill Clinton, der erklärte, er habe Marihuana geraucht, aber nicht inhaliert. Der Italiener behauptete gestern, dass er dem spanischen Dopingarzt Eufemiano Fuentes zwar Blut gegeben hat, dieses aber niemals zurück in seine Venen injiziert wurde, um seine Leistung zu steigern.»
«The Times»: «Ivan Basso hat letztendlich seine Absicht zu dopen zugegeben. In einer Untersuchung, die oft eine Farce schien, war passenderweise der wahre Name seiner unglückseligen Dogge der Schlüssel seines Untergangs. Basso gab zu, dass er massenweise Blut - gekennzeichnet als 'Birillo' - dem spanischen Sportarzt Eufemiano Fuentes gab, mit der Absicht, es für Doping zu nutzen. Obwohl Basso den Großteil der vergangenen elf Monate damit verbracht hatte, darauf zu bestehen, dass der Name seines Hundes 'Tarello' und nicht 'Birillo' war, hat er jetzt die hündische Verwirrung aufgeklärt. Dann aber bestritt er, leistungssteigernde Mittel benutzt zu haben.»
NIEDERLANDE
«Telegraaf»: «Die Wahrheit bleibt ungewiss. Einen Moment lang sah es so aus, als werde das Schweigen des Pelotons nach einem Jahr voller Spekulationen, halben Wahrheiten und ganzen Lügen durchbrochen. Aber mit Ivan Bassos Bekenntnis, dass er sich mit Bluttransfusionen bei dem spanischen Dopingdoktor Eufemanio Fuentos für die Tour 2006 vorbereiten wollte, ist die Luft keineswegs gereinigt.»
«Trouw»: «Halbes Bekenntnis, verpasste Chance. Mit seinen wenig glaubwürdigen Dementis zur Vergangenheit hielt Basso die Lügenkultur des steuerungslos gewordenen Radsports auch gestern aufrecht.»