Berlin (dpa) - Auch als 70-Jähriger weicht Rolf Wolfshohl nicht von seiner Lebens-Maxime ab. «Lieber feste arbeiten als Feste feiern», sagte der äußerst rüstige Jubilar kurz vor seinem runden Geburtstag, den der Ex-Profi am 27. Dezember «nur im Familienkreis» feiert.
Seinen großen Tag begeht er so, wie er immer gelebt hat - bescheiden. «Ich feiere nicht wie Rudi Altig seinen 70. im Kasino von Bad Neuenahr - das hat richtig Geld gekostet». Radfahren war für Wolfshohl immer harte Arbeit. «Wie ein Maurer auf dem Bau» hat sich Wolfshohl früher gefühlt. «Aber es hat immer Spaß gemacht, wie es mir heute weiter Spaß macht, meiner Tochter im Geschäft zu helfen», sagte der ehemalige Radprofi aus Nackhausen bei Siegburg. Als Profi trat er von 1959 bis 1973 in die Pedale und nutzte danach den Schwung zum Aufbau eines Radsport-Geschäfts.
Radfahren ist für ihn heute nicht mehr gnadenlose Maloche, sondern Fitness-Programm. Im Jahr bringt es der Rheinländer, der sich erste sportliche Sporen als Eiskunstläufer verdiente, noch auf rund 7000 Kilometer: «Ich fühle mich kerngesund. Ich brauche keine Medikamente - habe ich noch nie gebraucht.» Eine Trainingsgruppe von Nachwuchsfahrern im Alter von neun bis 18 ist ihm ans Herz gewachsen: «Die fahren immer, das ganze Jahr, bei Schnee und Regen. Am Wochenende fahre ich immer mit.»
In den 60er Jahren stand der große Kämpfer immer im Schatten von Rudi Altig, der zwar der bessere Sprinter, aber der schlechtere Rundfahrer war. «Rudi war immer im Rampenlicht. Darüber war ich aber nie sauer», sagt Wolfshohl, der trotz fortlaufender Doping-Affären weiter fest an seinen Sport glaubt: «Der Radsport geht nicht kaputt».
1968 hätte er fast das geschafft, was Jan Ullrich 1997 mit dem ersten Tour-Sieg eines deutschen Radprofis vollbrachte. Bei der Tour de France fuhr der Vuelta-Sieger von 1965 im Gelben Trikot, war aber alles andere als professionell behütet. «Unser Sportlicher Leiter hatte als Sechstage-Betreuer wenig Erfahrungen bei Straßenrennen. Ich verlor das Trikot nach einem Sturz, weil ich viel zu lange auf den Materialwagen warten musste», erinnert sich Wolfshohl. Er hatte dazu das Pech, dass National- und keine Werkteams am Start waren. In Paris landete Wolfshohl in der Tour-Endabrechnung dann auf Rang sechs.
Altig, der im März nächsten Jahres 72 wird, lässt auf Wolfshohl nichts kommen: «Die Verlässlichkeit in Person. Manchmal hat er aber auch verrückte Dinge gemacht. Nach seinem Sieg bei Paris-Nizza war Rolf in Topform. Aber anstatt die auszunutzen, hat er zu Hause tagelang eine riesige Grube für seinen Swimmingpool ausgehoben.» Im selben Haus mit Schwimmbecken wohnt der Rentner Wolfshohl noch heute.
Bitter wurde es auch 1963 im Ziel von Mailand-San-Remo. 45 Minuten durfte er sich als Sieger fühlen. Doch nach einem Protest der Franzosen wurde Joseph Groussard nach dem Millimeter-Finish zum Sieger erklärt. Wolfshohl: «Mein Chef bei Peugeot wusste nicht, was er machen sollte und verhielt sich passiv, anstatt auf die Barrikaden zu gehen. Er war eigentlich ein Hobby-Teamleiter.»
Aber diese sportlichen Rückschläge waren für den dreifachen Cross- Weltmeister nichts gegen den Schicksalsschlag, der seine Familie 1984 traf. Sohn Rolf-Dieter brach sich bei den deutschen Meisterschaften einen Halswirbel und ist seit dem Sturz gelähmt.