Paris (dpa) - «Hilde» ist der große Hoffnungsträger des deutschen Radsports - jedenfalls was die Tour de France betrifft.
Andreas Klöden, der seinen merkwürdigen Spitznamen in Jugendtagen verpasst bekam und eine plausible Erklärung dafür nicht mehr ganz hinbekommt, ist im Hier und Jetzt legitimer Nachfolger des so übel abgestürzten Jan Ullrich. Das gilt zumindest im T-Mobile-Team. Allerdings ist fraglich, ob der 31-jährige Wahl-Schweizer, der mit seiner Freundin und zwei gemeinsamen Kindern in unmittelbarer Nähe seines Freundes Ullrich wohnt, auch 2007 für die Bonner fährt.
Das dürfte letzen Endes nur eine Frage des Geldes sein. Sein gewiefter Manager Tony Rominger reibt sich schon die Hände. Der ehemalige Stunden-Weltrekordler aus der Schweiz, auch finanzieller Berater von Alexander Winokurow und Patrik Sinkewitz, hat mindestens drei viel versprechende Angebote von T-Mobile-Konkurrenten vorliegen.
Mit einer großen Energieleistung im letzten Tour-Zeitfahren fuhr Klöden in der Bourgogne noch auf die unterste Stufe des Podiums. Darauf kann er zu Recht stolz sein. «Ich hatte nach meiner Schulter-Operation im März nur zehn Wochen zur Tour-Vorbereitung. Wenn ich mal ein Beschwerde freies Frühjahr hinbekomme, kann ich die Tour gewinnen. Das Potenzial habe ich. Die Fahrer, die mich diesmal geschlagen haben, kann ich bezwingen», sagte Klöden nach seinem Husarenritt in Montceau-les-Mines, der an sein größtes Jahr 2004 erinnerte.
Damals hatte er auch im letzten Zeitfahren den inzwischen wegen Doping-Verdachts ebenfalls suspendierten Ivan Basso vom zweiten Platz verdrängt und sich hinter dem Seriensieger Lance Armstrong und vor seinem schwächelnden Kapitän Ullrich platziert. Diesmal fuhr das Leichtgewicht, das im Winter niemals Probleme mit der Waage bekommen wird, den Bjarne-Riis-Schützling Carlos Sastre aus den Top Drei.
Immer, wenn eine Vertragsverlängerung ansteht, macht der nur 60 Kilogramm leichte Klöden besonders auf sich aufmerksam. Das war 2000 so, als er Paris - Nizza und die Bakenland-Rundfahrt gewann, und das war 2004 der Fall, als bei der Tour groß auftrumpfte. Dazwischen lagen dunkle Zeiten mit Verletzungen, Krankheiten und falschem Training. Obwohl ihm etwas der Ruf eines unsicheren Kantonisten anhaftet, reißen sich T-Mobile und wahrscheinlich auch andere - man hört von den neuen, potenten Geldgebern der Winokurow-Mannschaft Astana - um den gebürtigen Anhaltiner.
«Nach der Tour bekommt er unser Angebot. Das hatten wir vorher besprochen», sagte T-Mobile-Manager Olaf Ludwig, der in seinem Budget ohne Ullrich viele zusätzliche Kapazitäten haben dürfte und Klöden als Erfolgsmodell dringend braucht. Klödens Beschwerde - «Ich bin schon enttäuscht, dass mir T-Mobile noch kein Angebot gemacht hat» - darf getrost als Pokerspiel gewertet werden.
«Die Teamleitung und unser Sponsor können stolz auf uns sein», sagte Klöden und machte für sich und «meine Jungs, mit denen ich eigentlich gerne weiter zusammen bleiben würde» kräftig Reklame. Für die Zukunft verspricht er seinem Arbeitgeber, der sich seine Dienste für geschätzte 1,5 Millionen Euro pro Jahr sichern könnte, viel Freude: «Ich fühle mich fit und gesund. Diesmal habe ich am Sieg geschnuppert. Das macht Hunger auf mehr.»