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12.07.2009 12:13
Gespenstische Doping-Ruhe bei der 96. Tour

Tarbes (dpa) - Eine gespenstische Doping-Ruhe liegt über der 96. Tour de France. War im Vorjahr bereits nach wenigen Tagen der trügerische Friede zerstört, so hat es nun den Anschein, als hätten die Veranstalter das böse D-Wort ganz aus ihrer Regie verbannt.

Nichts, und erst recht kein Dopingfall, soll diesmal das französische Nationalheiligtum stören. Dass die ersten Etappen nicht vom leidigen Dauerthema des Profi-Radsports überschattet wurden, ist für den früheren Gerolsteiner-Teamchef Hans-Michael Holczer kein Zufall. «Ich habe das so prophezeit. Für mich war es keine Überraschung, dass es nichts gegeben hat», sagte Holczer der Deutschen Presse-Agentur dpa.

Damit wollte der Schwabe - nach den Erfahrungen mit den Gerolsteiner-Dopingfällen Stefan Schumacher und Bernhard Kohl rund um die vergangene Tour - aber nicht sagen, dass die Fahrer in diesem Jahr sauber sind: «Wenn es komplett dopingfrei abläuft, glaubt es auch keiner.» Sollten den Fahndern - anders als in den Jahren zuvor - bei der Frankreich-Rundfahrt keine Betrüger ins Netz gehen, so sei dies einzig auf neuartige und verbesserte Manipulationsmethoden zurückzuführen, meinte der Heidelberger Molekularbiologe Werner Franke. Denn: «Die Personen sind so eingestellt, dass sie nicht mit auffälligen Werten bei irgendeiner Kontrolle erwischt werden.»

Längst haben sich die deutschen Starter auf den «allgegenwärtigen Generalverdacht», so der Berliner Jens Voigt, eingestellt. Der junge Hoffnungsträger Tony Martin, der ein überragendes Tour-Debüt für das Columbia-Team fährt, geht damit aber unbeschwert um: «Der Radsport ist auf einem richtigen Weg. Die Kontrollen greifen.»

Unterstützung erhält der 24-Jährige von seinem Sportdirektor Rolf Aldag. Für den ehemaligen Telekom-Profi, der 2007 Doping zu Magenta-Zeiten zugegeben hat, ist es «nicht unheimlich, dass noch nichts passiert ist. Unheimlich wäre es für mich nur, wenn keine konsequenten Kontrollen stattfinden würden.» Dies sei aber nicht der Fall. Ein Fahrer aus seinem Team sei während dieser Tour bereits fünfmal kontrolliert worden - von verschiedenen Instanzen. Und nach den Vorfällen im Vorjahr, als Schumacher und Co. von neuen Tests auf das EPO-Präparat CERA überrascht wurden, «haben die meisten wohl kapiert, dass es jetzt keine Mittel mehr gibt, die man nicht finden kann».

Das hoffen auch der Weltverband UCI und die französische Anti-Doping-Agentur AFLD, die wieder mal das «härteste Kontrollprogramm» der Geschichte versprochen haben. 520 Tests insgesamt soll es geben, Analysemöglichkeiten für bislang nicht nachweisbare Substanzen inklusive. Zudem gibt es eine Sonderbeobachtung von 50 ausgewählten Fahrern, darunter die Topprofis.

Doch trotz dieses Maßnahmenkatalogs drang in der ersten Tour-Woche nichts nach außen. Selbst in der «L'Équipe», bislang stets Vorreiter in der Informationsflut, steht kaum etwas über «Dopage». Und so genoss es der in dieser Frage keineswegs unbelastete Rückkehrer Lance Armstrong, die kritischen Journalisten des Tour-Trosses, die täglich auf die erste Doping-Erschütterung warten, im Oberlehrer-Ton zu maßregeln: «Dieser Sport ist so aufregend und faszinierend. Aber manchmal habe ich den Eindruck, zu viele Journalisten kommen nur zur Tour, um eine Dopinggeschichte zu schreiben.»


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