Rom/Berlin (dpa) - Von italienischen Medien veröffentlichte Informationen zweier Staatsanwaltschaften sorgten wieder für Doping-Schlagzeilen im Radsport. Im staatlichen TV-Kanal RAI 2 waren als Ausschnitte eines Polizei-Videos Rad-Profis zu sehen, die sich offensichtlich Doping-Substanzen spritzten.
Nach den Worten des Fernsehkommentators sei dabei in einer Einstellung ein «ehemaliger Gewinner des Giro d'Italia» zu erkennen. Außerdem hatte die «Gazetta dello Sport» von der Anklage gegen 51 Personen, unter ihnen der Telekom-Arzt Lothar Heinrich, berichtet.
Die Staatsanwaltschaft Padua hatte die verdeckten Video-Aufnahmen - insgesamt angeblich 400 Stunden - während des Giro d'Italia 2001 veranlasst. Die spektakuläre Polizei-Razzia am 6. und 7. Juni in San Remo stand damit wahrscheinlich in Zusammenhang. Die jetzt veröffentlichten Aufnahmen waren den Verteidigern der 27 Profis, gegen die Klage wegen des Verstoßes gegen Doping-Gesetze erhoben werden soll, zur Verfügung gestellt worden. In die Ermittlungen ist auch der jetzige Kapitän des deutschen Gerolsteiner-Teams, Davide Rebellin (Italien), verwickelt.
Gefilmt wurde auch die Frau eines «bekannten Profis», die von einem Arzt das Blut-Doping-Mittel EPO und andere verbotene Substanzen entgegennimmt. Vermutet wird eine Verwicklung des zweifachen Giro- Siegers Ivan Gotti (Italien), gegen den die Staatsanwaltschaft von Padua die Eröffnung eines Prozesses beantragt hat. Die Polizei hatte Gotti während des Giro 2001 beschatten lassen. Bei der Durchsuchung des Wohnmobils von Gottis Schwiegereltern, was ständig vor den Fahrer-Hotels parkte, fanden die Ermittler eine große Menge verschiedener Doping-Präparate.
Parallel dazu hatte die Staatsanwaltschaft Florenz Anklage gegen Rad-Profis, Betreuer und Mediziner - darunter auch Heinrich - erhoben. Beim Teamarzt aus Freiburg waren Coffein-Tabletten und ein Kortison haltiges Spray entdeckt worden. Wie vor 20 Monaten bekräftigte Heinrich noch einmal, dass die Coffein-Pillen zum Eigenbedarf wegen seines Jetlag dienten und das Spray für Jan Ullrich gedacht war, der dieses Präparat gemäß des Eintrags in seinem Gesundheitspass einnehmen durfte.
Im Fall Rebellin hatte die Polizei ein Telefonat zwischen dem ehemaligen Weltranglisten-Zweiten und seinem Arzt abgehört. Darin habe der Italiener - besonders betont - über «extreme Schmerzen» in den Beinen geklagt. Das sollte nach Meinung der Ermittler eine verklausulierte Nachfrage nach EPO gewesen sein. «Die Sportgerichtsbarkeit hat Davide bereits freigesprochen. Beim Zivilgericht rechnen wir mit demselben Ergebnis. Allerdings ist nicht vor 2004 mit einem Abschluss des Verfahrens zu rechnen», meinte Gerolsteiner-Chef Hans-Michael Holcer, der auf einige Ungereimtheiten in dem Polizei-Video hinwies.
«Unser Fahrer Ellis Rastelli war auch in Doping-Verdacht geraten, weil er angeblich in kompromittierender Weise gefilmt worden war. Bei Ansicht der Bilder durch seinen Anwalt stellte sich aber heraus, dass es sich um einen anderen Fahrer handelte», erklärte Holcer.