Verona (dpa) - Der freche Oscar stahl den Italienern die Show und holte sich Zentimeter vor Erik Zabel den Titel. Der spanische Rad-Profi Oscar Freire sicherte sich im Straßenrennen den dritten Weltmeister-Titel seiner Karriere.
Der 28-Jährige gewann in Verona nach 265,5 km den Spurt einer 17-köpfigen Spitzengruppe vor Zabel und wiederholte damit seinen Erfolg an gleicher Stelle vor fünf Jahren. Freire ist so etwas wie der böse Geist für Zabel: Zu Saisonbeginn hatte der Spanier dem Berliner den sicher geglaubten fünften Sieg im Weltcup-Auftakt in San Remo weggeschnappt und damit für die bitterste Niederlage in Zabels Karriere gesorgt. «Der Mann ist mein Schicksal», sagte der Weltranglisten-Zweite.
Auch wenn sich die ganz großen Hoffnungen des Olympia-Vierten Zabel, der 2002 die WM-Bronzemedaille geholt hatte, nicht ganz erfüllten, hatte es der Berliner seinen Kritikern innerhalb und außerhalb des T-Mobile-Teams gezeigt. Sein Team-Kollege Andreas Klöden hatte zuletzt öffentlich Zabels Präsens im T-Mobile-Tour-Team für 2005 in Fage gestellt. «Die Silbermedaille hat für mich zwei Seiten. Es überwiegt aber die Freude als die Traurigkeit, dass es wieder nicht geklappt hat. Es ist keine Schande, gegen einen großen Fahrer wie Oscar zu verlieren», sagte Zabel, der in dieser Saison 18 mal Zweiter war und Freire drei Mal unterlag. Trotzdem könnte ihm der zweite Rang von Verona am Ende der Saison einen großen Dienst auf dem Weg zurück an die Spitze der Weltrangliste geleistet haben.
Die Polizei zählte auf der 14,7 km langen Runde mehr als 250 000 Zuschauer, die allerdings am Schluss Trauer trugen, weil für die hoch gehandelten Azzurri in der Endabrechnung bei ihrem Heimspiel nur die Bronzemedaille für Luca Paolini übrig blieb. Top-Favorit Paolo Bettini schied in der 15. von 18 Runden mit Knie-Problemen aus. Er hatte sich am Begleitwagen verletzt. Der Olympiasieger war die große Hoffnung der Gastgeber, für die bei dieser WM insgesamt nicht viel zusammenlief.
Vielleicht hätte es der Weltcup-Spitzenreiter und Kapitän des Gerolsteiner-Teams besser machen können. Aber Davide Rebellin wurde nicht aufgeboten und durfte nach wochenlangen Bemühungen auch nicht für Argentinien starten. Mit dem erkrankten Jan Ullrich, der seinen WM-Verzicht erklärte, und dem seit August in Urlaub weilenden Lance Armstrong fehlte weitere Prominenz in Verona.
Als fünf Ausreißer auf dem mit einer 3,5 km langen Steigung auf den Torricelle gespickten Kurs zwei Runden vor Schluss gestellt waren, begann das Rennen eigentlich erst richtig. Die Italiener nahmen das Heft in die Hand, unterstützt von den Spaniern. 25 Fahrer, darunter auch Mathias Kessler, Steffen Wesemann, Zabel und Hondo, nahmen das Finale in Angriff. Auf dem letzten Anstieg zum Torricelle bissen sich sechs Fahrer durch - kein deutscher Profi war mehr dabei, aber auf der Abfahrt rollte alles wieder zusammen. 17 Fahrer kristallisierten sich dann heraus und machten den Sieg unter sich aus.
«Das war eine tolle Mannschaftsleistung. Wesemann hat die vorletzte Runde fast komplett alleine an der Spitze gefahren. Das Ergebnis zeigt, dass wir ein solches Rennen auch mit zwei Top-Sprintern, Hondo und Zabel, bestreiten können. Ich bin mit dem Ergebnis hochzufrieden», sagte Mario Kummer, Teamchef bei T-Mobile und in der deutschen Nationalmannschaft. «Wir hatten vorher nichts festgelegt. Ich bin der bessere Anfahrer - da bin ich im Finale eben für Erik gefahren», sagte Danilo Hondo vom Team Gerolsteiner, der vor Freire den Hut zog: «Unglaublich dieser Mann.» Laut Zabl hatte es am WM-Vorabend ein «sehr angenehmes Gespräch» mit Hondo gegeben, in dem die Kompetenzen in einem möglichen gemeinsamen Sprint abgesprochen wurden.