Brest (dpa) - Der für die Doping-Tests bei der am Samstag
startenden 95. Tour de France zuständige Pierre Bordry hat die 180
Starter eindringlich vor Manipulationen gewarnt. «Ich hoffe, jeder
hat verstanden, dass jederzeit ein Damoklesschwert fallen kann»,
sagte der Chef der französischen Anti-Doping-Agentur AFLD, die die
Kontrollen unter Oberaufsicht des französischen Radsport-Verbandes
leitet. Der Weltverband UCI war vom Tour-Veranstalter ASO dieser
Pflicht enthoben worden, was zu heftigen Kontroversen führte.
Zum ersten Mal wird bei der Tour unter neuem Aufsichts-Personal
auch nach Wachstumshormonen gesucht - ein von der Welt-Anti-Doping-
Agentur WADA lizenziertes Labor in Lausanne liefert die Analysen 24
Stunden nach dem Test. Anders als bisher wissen die Fahrer während
des Rennens nicht, wer nach Etappenende getestet wird. Am Zielstrich
warten acht «Chaperons», die die Kandidaten bis zur Abgabe von Blut
oder Urin nicht aus den Augen lassen. Auch Haarproben werden genommen
- rund 180 Doping-Kontrollen sollen während der Tour einen sauberen
Ablauf garantieren. Beim Abstecher ins Nachbarland ist auch das
Italienische Olympische Komitee in den Anti-Doping-Kampf
eingeschaltet.
«In den letzten acht Jahren hatten wir nicht so viele Tests wie
jetzt unmittelbar vor der Tour. Die Einstellung hat sich geändert,
besonders noch einmal von 2007 zu 2008. Es gibt für den Radsport
keine dritte, sechste oder achte Chance mehr», sagte Rolf Aldag am
Vortag des Tourstarts in Brest. Der Ex-Profi, Mitglied des
Telekom-Teams beim Festina-Skandal 1998 und heute Sportdirektor bei
Columbia, hatte im Vorjahr öffentlich Doping in den 90er Jahren
zugegeben.
«Es hat schon so viele Tests in diesem Jahr gegeben, dass es eine
saubere Tour werden wird. Es wäre fantastisch für den Sport. Wir
müssen die Idioten loswerden», sagte der Australier Stuart O'Grady,
Team-Kollege von Jens Voigt bei dänischen Team CSC-Saxo-Bank. «Wenn
wir bei den Tests noch weiter gehen wollen, dann muss demnächst
jemand bei mir einziehen und wohnen. Wir haben unseren Sport so gut
gesäubert wie es geht. Wir haben das Licht am Ende des Tunnels
erreicht», sagte der Berliner Voigt, zum elften Mal dabei, zum Thema
Doping.
Die ASO hatte sich bei Paris-Nizza im März von der UCI losgesagt
und wurde danach mit Sanktionen bedroht, die bisher nicht eingeleitet
wurden. UCI-Präsident Pat McQuaid scheint langsam Frieden mit der
Tour geschlossen zu haben und wünschte ihr im Vorfeld «viel Glück».
Nach der Tour soll es ein «Friedensgespräch» zwischen ASO und UCI
geben. Nach dem gedopten Toursieger Floyd Landis 2006 wurde das
größte Radrennen der Welt im Vorjahr von den Dopingfällen Winokurow,
Mayo und Patrik Sinkewitz erschüttert und stand nach der
Suspendierung des bis dahin führenden Michael Rasmussen vier Tage vor
Renn-Ende vor dem Abbruch. Ähnliche Szenarien wollen sich
Veranstalter, Teams und Sponsoren diesmal auf jeden Fall ersparen.
Der geständige und inzwischen nicht mehr aktive Kronzeuge Jörg
Jaksche, beim ZDF «Doping-Experte», ist da sehr skeptisch: «Eine
saubere Tour wird es niemals geben.»