Rom (dpa) - Der Fall Alejandro Valverde wird zur Hängepartie. Nach der ersten Anhörung des spanischen Radprofis vor dem Nationalen Olympischen Komitee Italiens (CONI) blieb unklar, ob sich Valverde auf eine Sanktion einstellen muss.
Während die Valverde-Seite die vorgebrachten Doping-Vorwürfe als «unbegründet» zurückwies, ist CONI- Chefermittler Ettore Torri sicher, dass der 28-Jährige Kunde des mutmaßlichen Doping-Arztes Eufemiano Fuentes war. «Valverde ist die 'Nummer 18'. Das hat die DNA-Analyse zweifelsfrei erwiesen», sagte Torri. «Wir verfügen weiter über Dokumente, die Geldzahlungen Valverdes für Doping-Dienstleistungen belegen, sowie Auskunft über das Medikamentenprogramm geben», ergänzte der Italiener.
Valverde droht aber nicht nur vom CONI Ungemach. Auch die italienische Strafjustiz ermittelt bereits gegen ihn wegen Dopings. Bei einer Verurteilung könnte ihm noch eine Haftstrafe blühen.
Der Klarname Valverdes tauchte in den Dokumenten bislang nicht auf. Alle Angaben beziehen sich auf die «Nummer 18». Die italienische Strafjustiz hatte daraufhin die DNA der Valverde-Probe aus einer Blut-Kontrolle in Prato Nevoso während der vergangenen Tour de France mit jener verglichen, die 2006 im Rahmen der Anti-Doping-Razzia «Operación Puerto» in Blutbeuteln beim Mediziner Eufemiano Fuentes gefunden wurde. «Die Strafjustiz hat nachgewiesen, dass das Blutplasma in Beutel 18 eindeutig von Valverde stammt», erklärte Torri. Ein durch die Bonner Staatsanwaltschaft veranlasster DNA- Abgleich hatte im Vorjahr auch Jan Ullrich als Fuentes-Kunde entlarvt.
Die Blut-Analyse war von der italienischen Strafjustiz veranlasst worden. Das CONI wies jegliche eigene Beteiligung zurück. Eine solche war vom Madrider Untersuchungsrichter Antonio Serrano heftig kritisiert worden. Er hatte der italienischen Sportjustiz sogar verboten, dieses Beweismittel einzusetzen. Serrano argumentiert aus Sicht des spanischen Rechts. Danach dürfen Disziplinarorgane des Sports Ermittlungsergebnisse der Strafjustiz erst nach Abschluss eines ordentlichen Strafverfahrens, das in Spanien gerade wieder läuft, nutzen.
Das Gesetz 401/89 hingegen schreibt in Italien Sport- und Strafjustiz sogar eine Kooperation vor. Das CONI ist danach gezwungen, eine Untersuchung einzuleiten, wenn ihn die Staatsanwälte über den Verdacht von Sportbetrug informieren. Aus italienischer Perspektive ist eine Dopingsperre Valverdes daher absehbar. Aus spanischer wäre sie unzulässig, weil das ursprüngliche Verfahren ja noch nicht abgeschlossen ist.
In Rom wundern sich die verantwortlichen Behörden über den Gegenwind aus Madrid. «Serrano hat doch bereits 2006 dem Radsport- Weltverband UCI Materialien aus dem Prozess zukommen lassen. Der hat das dann an die entsprechenden nationalen Verbände verteilt», wunderte sich CONI-Sprecher Claudio Mele. Die UCI hält sich aus dem spanisch-italienischen Konflikt derweil heraus. «Wir haben ein Interesse daran, dass der Prozess in Spanien nicht eingestellt wird. Welche Erkenntnisse das CONI hat, können wir nicht beurteilen», sagte UCI-Sprecher Enrico Carpani.
Die rechtliche Unklarheit wollen sich Valverdes Verteidiger zunutze machen. Auf den Inhalt der Vorwürfe reagierten sie bislang nicht. «Sie wollten nicht einmal bestätigen, ob die Unterschrift für die Dopingprobe, die für den DNA-Abgleich genommen wurde, von Valverde stammt», meinte Torri. Valverdes Anwalt Federico Cecconi will vor jeder sachlichen Prüfung erst einmal klären lassen, welches Gericht für diesen Fall überhaupt zuständig ist. So hofft er, einer auf der Hand liegenden Verurteilung seines Mandanten noch zu entgehen.
Da Valverdes Rennstall Caisse d'Epargne nicht mehr der Vereinigung der Rennställe AIGCP angehört, deren Ethik-Code eine Suspendierung während laufender Dopingverfahren vorsieht, ist er formell weiter startberechtigt.