Berlin (rad-net) - Das Fazit einer Experten-Anhörung hat die Präventionsarbeit zum Thema Anti-Doping im Bund Deutscher Radfahrer (BDR) bestätigt. Doping im Freizeitsport ist nach Ansicht von Experten gang und gäbe. Bei einer Anhörung im Bundestags-Sportausschuss zum «Medikamentenmissbrauch im Freizeit- und Breitensport» wiesen Wissenschaftler darauf hin, dass das Einstiegsalter permanent sinkt. Parallel steige die Bereitschaft, neue Mittel und Methoden auch aus der Veterinärmedizin an sich selbst auszuprobieren.
Der Verband Deutscher Fitness- und Gesundheitsunternehmen erklärte in seiner Stellungnahme, dass «der Medikamentenmissbrauch erfahrungsgemäß bereits im Alter von 13 Jahren beginnt». Etwa 700 000 von sechs Millionen Mitgliedern in Fitness-Centern hätten im Rahmen ihrer sportlichen Aktivitäten schon zu Dopingsubstanzen gegriffen, sagte der Sportmediziner Perikles Simon von der Gutenberg-Universität Mainz. Dabei gebe es aber noch eine hohe Dunkelziffer. Der BDR setzt der Gefahr der Verführung bereits seit Jahren ein umfassendes Aufklärungs-Konzept entgegen. Flaggschiff ist dabei das Projekt «GATE» der Deutschen Sportjugend (dsj), des Zentrums für Doping Prävention der Pädagogischen Hochschule Heidelberg (ZfDP) und der Deutschen Radsportjugend. Außerdem gehören zu der Ausbildung Seminare mit allen Kadersportlern sowie im Rahmen von Nachwuchsrennen und umfassende Schulungen unter anderen in den Trainingslagern der Nachwuchskader.
Das Problem der Dopingdebatte sei «ihre ignorante Einseitigkeit», stellte Mischa Kläber vom Institut für Sportwissenschaft der Technischen Universität Darmstadt fest. «Während sich der öffentliche Dopingkurs seit nahezu vier Jahrzehnten auf den internationalen Hochleistungssport reduziert, hat sich die Dopingszene des Freizeit- und Breitensports ungebremst entfaltet», erklärte Kläber.
In den kommerziellen Fitnessstudios hätten sich Nutzer-Netzwerke entwickelt, wobei das Kraftsportmilieu eine zentrale Funktion besitze. Solange aber Besitz und Konsum von weit verbreiteten Dopingsubstanzen wie Anabolika nicht strafrechtlich verfolgt würden, sei nicht mit einer Besserung der Dopingsituation im Freizeitsport zu rechnen, fügte Kläber hinzu. Auch in der Prävention und Aufklärung gebe es bislang keine wirklich wirksame Gegenstrategie.
Klaus Müller, der langjähriger Leiter des Doping-Analyselabors in Kreischa und Mitautor der Studie «Doping im Breitensport», betonte, das Thema finde zwar weniger Interesse, sei aus seiner Sicht aber von höherer gesellschaftlicher Relevanz. Das Problem sei inzwischen «in Kindeshand verlagert». Medikamente würden in Sportclubs oder in der Schule gedealt. Konsum und Missbrauch gingen durch alle Schichten, Sportarten, Altersgruppen und beträfen beide Geschlechter.