Berlin (dpa) - Sylvia Schenk, die frühere Präsidentin des Bundes Deutscher Radfahrer (BDR), hat offengelegt, dass ihr Amtsvorgänger Manfred Böhmer von auffälligen Blutwerten des Radprofis Patrick Sinkewitz schon bei der Weltmeisterschaft 2000 im französischen Plouay wusste.
Sinkewitz hatte unlängst zugegeben, damals mit EPO gedopt und wegen auffälliger Blutwerte die WM verlassen zu haben - und nicht wegen einer Erkältung, wie der BDR damals behauptete.
«Entweder noch in Plouay oder bei unserer nächsten Begegnung hat mich der damalige Präsident Manfred Böhmer beiseite genommen und sinngemäß gesagt: 'Ich muss Ihnen als künftiger Präsidentin etwas anvertrauen, dass nur in den kleinen Kreis gehört, was auch nur zwei, drei Leute wissen'», erklärte Sylvia Schenk in einem Interview der «Süddeutschen Zeitung». Böhmer, der zwischen 1997 und 2001 BDR-Präsident war, habe sie informiert, dass ein junger Fahrer heimgeschickt worden sei, «offiziell wegen Erkältung oder so - tatsächlich sei er aber bei einer internen Untersuchung aufgefallen. Böhmer sagte mir, er kümmert sich um das Problem, er habe es im Griff», bestätigte Schenk.
Sie habe damals nicht den Eindruck gehabt, dass etwas vertuscht werden sollte. «Dass damals wirklich EPO im Spiel war, wissen wir erst seit zwei Wochen von Sinkewitz selbst. Bis dahin stellte sich der Fall nur als ein problematischer Blutwert dar. Das allein reichte weder damals noch reicht es heute für die Behauptung, es läge Doping vor», meinte die heutige Vorsitzende der Antikorruptions-Organisation Transparency International. Im Übrigen sei es fraglich gewesen, ob man die Werte überhaupt hätte öffentlich machen dürfen. «Das sind sensible Daten, es wäre allenfalls noch ratsam gewesen, eine neutrale Stelle einzuschalten.»
Als Sinkewitz 2004 überraschend die Deutschland-Tour gewann, sei sie misstrauisch geworden und habe gedacht: «Hoppla, das ist doch wieder der von Plouay. Die Tatsache, dass Sinkewitz für eine belgische Mannschaft fuhr, machte mein Misstrauen noch größer.» Unmittelbar nach der Deutschland-Tour habe sie die Nationale Anti-Doping-Agentur NADA angerufen und gezielte Kontrollen bei Sinkewitz erbeten. «Dabei habe ich mich ziemlich mies gefühlt - alle Welt bejubelte unseren neuen Radstar, und ich als Präsidentin schwärze ihn bei der NADA an. Ich hatte ja nicht mehr als mein Misstrauen, es gab keinerlei Fakten.»