Berlin (dpa) - Eine Einstellung von Ermittlungsverfahren gegen die Zahlung hoher Geldbeträge ist in der Praxis der Strafverfolger keineswegs eine Seltenheit.
Diese Form der Beendigung eines Strafverfahrens bietet für die Staatsanwaltschaft und den Beschuldigten insbesondere in rechtlich schwierigen Fällen Vorteile. Durch den Verzicht auf eine Anklage vermeidet die Staatsanwaltschaft von vornherein eine mögliche Niederlage im Strafprozess. Sie hat auf der anderen Seite auch durchaus etwas erreicht, weil der Beschuldigte eine hohe Summe an die Staatskasse oder gemeinnützige Einrichtung zahlen muss - was einer «echten Geldstrafe» in den Augen der Öffentlichkeit mitunter gleichkommt.
Der Beschuldigte hingegen muss zwar zahlen. Er ist und bleibt aber nicht vorbestraft. Auch umgeht er die Gerichtsverhandlung, eine zusätzliche Belastung zum ohnehin schwerwiegenden Tatvorwurf. Für alle Seiten hat die Einstellung außerdem noch den Vorteil, dass sie Kosten sparen. Vor allem die ohnehin chronisch überlasteten Gerichte bekommen zumindest einen problematischen Fall weniger. Prognosen sind zwar schwierig, aber auch eine Hauptverhandlung im Fall Ullrich hätte sicher Monate gedauert.
Dieser Entlastungseffekt ist auch der Hauptgrund, warum der Gesetzgeber vor einigen Jahren die Vorschrift zur Einstellung nach Auflagen eingeführt hat. Dennoch wird die auf der Norm beruhende Einstellungspraxis durchaus auch kritisch gesehen. Zwar kommen auch zahlreiche «kleine Fische» in den Genuss eines solchen Freispruchs dritter Klasse. Aber insbesondere in komplizierten Wirtschaftsverfahren greifen Staatsanwaltschaften, Gerichte und Verteidiger nach einer entsprechenden Absprache - manche sagen auch «deal» - zu diesem Mittel.
So endete auch der Mannesmann-Prozess 2006, wo sich zahlreiche deutsche Unternehmensprominenz zu verantworten hatte, mit einer Einstellung gegen Riesensummen. Danach wurde Kritik laut, dass vor allem solche Beschuldigte, eine Einstellung aushandeln könnten, die die besten Verteidiger bezahlen könnten. Mit Gleichbehandlung aller Angeklagten habe dies nicht zu tun, lautete das Argument.
Im Fall Ullrich mag der Fall aus Sicht der Staatsanwaltschaft aber noch ein wenig anders gelegen haben. Die Anklagebehörde war wohl der Meinung, dass Ullrich schon genug bestraft war, weil in den vergangenen Jahren an Ansehen verloren und zudem seine Radsportkarriere beenden musste. Und dennoch blieb auch hier das Risiko, dass sich der Tatvorwurf Doping plus Betrug sich am Ende nicht hätte nachweisen lassen. Ullrich kann so weiter sagen: «Die Zahlung ist aber kein Schuldeingeständnis.»