Madrid/Berlin (dpa) - Das Thema Doping im Radsport schlägt weiter hohe Wellen. Während in Frankreich in der Cofidis-Affäre ermittelt und in Italien Trauerarbeit für den verstorbenen Drogen-Konsumenten Marco Pantani geleistet wird, sorgen in Spanien die Anschuldigungen des Ex-Profis Jésus Manzano für Aufsehen.
Verbotene Eigenblut-Transfusionen und Medikamenten-Missbrauch seien nach den Bekenntnissen des 25 Jahre alten, ehemaligen Kelme-Profis in seinem Team bei der vergangenen Tour de France und bei weiteren Rennen an der Tagesordnung gewesen. Nach einer Blutgabe in Valencia sei er «fast im Sarg zurückgekehrt», sagte der neue Doping-Kronzeuge in einem Exklusiv-Beitrag der spanischen Sportzeitung «As».
Die Reihe der Zweifler an den Manzano-Äußerungen ist lang. Kelme-Teamchef Vicente Belda erklärte in der spanischen Presse: «Alles Lüge». Tour-Chef Jean-Marie Leblanc, der erwägt, dem Zweitliga-Team um den Vize-Weltmeister Alejandro Valverde für die kommende Frankreich-Rundfahrt eine Wildcard zu geben, erklärte: «Ich finde diese Welle an Anschuldigungen zweifelhaft. Ich nehme die Aussagen mit Vorsicht zur Kenntnis.» Die Veranstalter des Giro d'Italia behalten sich Konsequenzen vor. Der Königliche Spanische Radsportverband kündigte eine Klage gegen Manzano vor einem Zivilgericht an, um «die Ehre» des Radsports zu verteidigen.
Manzano, der trotz zahlreicher Doping-Kontrollen noch nie positiv getestet wurde, räumte offen ein, aus «Rache» gegen sein Ex-Team zu handeln. Kelme hatte Manzano rausgeschmissen, nachdem der Profi im Teamhotel während der Vuelta im September mit einer Freundin beim Sex erwischt worden war. Laut Manzano hätten die Kelme-Fahrer bei der Tour 2003 regelmäßig mit Eigenblut-Transfusionen manipuliert. Dabei wird der Anteil der Sauerstoff tragenden roten Blutkörperchen erhöht, um die Leistung zu steigern. Die Methode ist noch nicht nachweisbar. Vor Zeitfahren hätte Manzano das aufputschende Coffein, und Actovegin, ein auf der IOC-Verbotsliste stehendes Präparat gegen orthopädische Beschwerden, injiziert.
Vor der ersten Bergetappe in Frankreich habe der spanische Profi eine Infusion mit einem Produkt bekommen, das ihn letztlich zur Aufgabe zwang: «Ich bin ohnmächtig geworden und im Krankenwagen wieder aufgewacht.» Nach der Tour sei er nach einer erneuten Transfusion sogar in Lebensgefahr geraten. «Vor großen Rundfahrten wurde uns ein Liter abgenommen, der in zwei Packungen abgefüllt wurde.» Das Blut sei in Plastik-Behältern ohne Namens-Kennzeichnung - und oft auch nicht fachgerecht - gelagert worden. Jeder Fahrer habe 3000 Euro für die Lagerung der Konserven bezahlen müssen, sagte Manzano.
Teamchef Belda hat die Aussagen Manzanos, den «As» mit einer Spritze in der Armbeuge abbildete, zurückgewiesen. Mit ähnlich drastischen Bildern operierte das italienische Fernsehen am Tag, als die Todesurasche Pantanis bekannt wurde: Eine Polizei-Überwachungs- Kamera zeigte Denis Zanette in der gleichen Pose. Der italienische Profi war im Januar vergangenen Jahres im Alter von 32 Jahren beim Zahnarzt an Herzversagen gestorben. «Mir wird schlecht, wenn ich höre, was Manzano verbreitet. Er verallgemeinert das, was er vielleicht gemacht hat, auf das ganze Peloton», sagte Belda am Rand der Katalanischen Woche.