Bonn (dpa) - Vor dem Hintergrund der neuesten Aussagen des ehemaligen T-Mobile-Profis Patrik Sinkewietz, steht das Radsport-Engagement der Deutschen Telekom in Frage.
Der Vorstand des Mutter-Konzerns Telekom tritt nach Informationen der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) noch in dieser Woche zusammen. Dabei werde vor dem Hintergrund der Aussagen von Patrik Sinkewitz, der über systematisches Doping im Team auch noch während der Tour de France 2006 sprach, die Option eines Ausstiegs geprüft. Stefan Althoff, der Leiter Sponsoring der Deutschen Telekom, erklärte gegenüber der FAZ, es gebe eine «neue Faktenlage, mit der man sich auseinandersetzen muss». Er betonte, dass es einen gültigen Vertrag mit dem Rennstall bis 2010 gebe, ergänzte allerdings: «Grundsätzlich kann man Verträge immer kündigen, die Frage ist, zu welchen Konditionen.»
Der Sponsoringvertrag mit T-Mobile «steht offenbar auf dem Prüfstand», deutete auch Christian Frommert, Leiter der Abteilung Sponsoring-Kommunikation der Deutschen Telekom AG, in einem Interview der «Frankfurter Rundschau» an. «Wir versuchen, wie alle Antworten zu finden auf die Fragen, die alle umtreiben: Wer? Wie? Wann? Denn nur auf Grundlage von Fakten können und werden wir Entscheidungen treffen. Wir verfallen nicht in Aktionismus», meinte Frommert. «In absehbarer Zeit» werde es eine Entscheidung geben.
«Wir können nicht so tun, als könnte es so weitergehen wie bislang», sagte Althoff. «Es sind Dinge passiert, die von der Bedeutung her in der Vergangenheit falsch eingeschätzt worden sind. Wer hätte gedacht, dass in Freiburg solche Dinge vorgehen? Ich nicht.» Wenige Stunden zuvor hatte Teamsprecher Stefan Wagner der Deutschen Presse-Agentur dpa erklärt: «Ich kann in keiner Weise die Vermutung bestätigen, dass der Sponsor aussteigen will. Wir haben Ende 2006 dramatische Änderungen herbeigeführt und einen neuen Weg beschritten, den wir weiter verfolgen.»
Der in Doping-Nähe gerückte Zeitfahr-Weltmeister Michael Rogers hat sich in der australischen Zeitung «Canberra Times» gewehrt. Jeder wisse, «dass bei mir alles korrekt läuft. Die Wahrheit wird sich durchsetzen», erklärte Rogers, der wie Sinkewitz 2006 im Tour-de-France-Kader von T-Mobile stand und sich jetzt wie «durch den Wolf gedreht» fühlt. Der Australier ist sich sicher, dass er die Angelegenheit überstehen wird, «auch wenn in der ganzen Welt jetzt Artikel über mich erscheinen, die meinem Image schaden und meine sportliche Zukunft gefährden». Der Zeitfahr-Spezialist mutmaßt, dass ihn Sinkewitz direkt beschuldigt hat und drohte dem Hessen «ernsthafte Schritte» an.
Sinkewitz hatte bei seiner Beichte im «Sportstudio» und im «Spiegel» keine Namen genannt, aber deutlich werden lassen, dass die Praxis des Eigenblut-Dopings in der Freiburger Uni-Klinik auch während der Tour 2006 nicht für ihn exklusiv geschaffen wurde. Gemünzt auf den Team-Kapitän Rogers hatte der Anti-Doping-Kämpfer Werner Franke erklärt: «Natürlich wird man immer dem, der am meisten leisten soll, auch etwas geben. Der Sinkewitz will nichts sagen, weil er auch Schiss hat.» Rogers bestritt nicht, in Freiburg gewesen zu sein, «aber nur für die üblichen Leistungstests».
Nach den umfassenden Aussagen des Ex-T-Mobile-Profis aus Fulda war spekuliert worden, dass der Kommunikations-Konzern aus dem Doping belasteten Profi-Radsport vorzeitig aussteigen will, obwohl im August eine Verlängerung der Finanzierung bis 2010 postuliert wurde. T- Mobile investiert in sein im Moment 29 Fahrer umfassendes Team unter Manager Bob Stapleton, der 2007 ein striktes Anti-Doping-Programm installierte, pro Saison rund zehn Millionen Euro.
Der einstige deutsche Vorzeige-Rennstall mit der früheren Galionsfigur Jan Ullrich hat in diesem Jahr drei Profis fristlos entlassen: Sinkewitz wegen nachgewiesenen Testosteron-Dopings, Sergej Gontschar (Ukraine) wegen auffälliger Blutwerte, die interne Untersuchungen erbrachten, und den Italiener Lorenzo Bernucci, der den jahrelangen Gebrauch von Appetitzüglern zugegeben hat.